Dienstag, 31. Dezember 2013

Public Enemies (Michael Mann. 2009)

"Die the way you lived, all of a sudden ..."

Regie - Michael Mann
Drehbuch - Michael Mann, Ronan Bennett & Ann Biderman
Kamera - Dante Spinotti
Erscheinungsjahr - 2009
Laufzeit - 140 Minuten


Anders als bei Miami Vice, bei welchem ich den Großteil Abneigung mehr einer gewissen Ignoranz zuschreiben will, kann ich bei Public Enemies sehr gut verstehen warum der Film so wenig Anerkennung bekommen hat. Er ist wirklich der falsche Film für eine Generation von Filmfans die immer nach etwas neuem schreien, sich dann aber doch nur in alten (Film)Tugenden wohlfühlen. Denn mit Public Enemies geht Michael Mann noch weiter als mit Miami Vice. Viel weiter. Der radikale Höhepunkt einer seit vielen Filmen andauernden Suche nach neuen Wegen für den amerikanischen Regisseur. Hier ist alles nur noch Skizziert, vom Inhalt bis zu den Charakteren bekommen wir nur grobe Umrahmungen. Charaktere driften ins Bild und wieder hinaus ohne das der Film deutlich ausformuliert. Mann brauch das aber nicht, da sein rigoroses Ausbauen der digitalen Filmtechnik ihm neue filmsprachliche Mittel verleiht um seinen Figuren eine neue Oberfläche zu geben. Er geht vorbei an Geschichte und Erinnerung um an etwas ungenauerem anzukommen, etwas transparentem. Wenn der Film beginnt und wir die großen Mauern eines Gefängnisses sehen, dann ist da mehr zu sehen als das plastische Objekt. Das digitale Bild ermöglicht ihm hier eine Freiheit, die nichts mit dem Wunsch zu tun hat jeden Grashalm in hoher Auflösung zu betrachten, es ermöglicht ihm vielmehr hier jedem Bild eine neue Ebene an Texturen und Expressionen zu verleihen, über welche er dann mit der Kamera streift um bestimmte Emotionen herauszufiltern kann aus dieser endlosen Klarheit und Schärfe. Die Struktur muss sich hier also stetig neu erfinden um mit diesen neu entwickelten Sensibilitäten mitzuhalten. Es ist das wahrscheinlich aufregendste was dem Kino im letzten Jahrzehnt passieren konnte und ein forderndes Erlebnis für Augen und Ohren.

Samstag, 28. Dezember 2013

Zwei Bilder ein Gedanke #2



("Flowers of Shanghai"- Hou Hsiao-hsien/ "Exiled" - Johnnie To)

Donnerstag, 26. Dezember 2013

Experiment in Terror (Jacques Tourneur, 1944)

"You're crazy."

OT - Experiment Perilous
Regie - Jacques Tourneur
Drehbuch - Warren Duff
Kamera - Tony Gaudio
Erscheinungsjahr - 1944
Laufzeit - 91 Minuten


Wo es in "Katzenmensch" oder "Ich folgte einem Zombie" noch Raum für Doppeldeutigkeiten gab im Bezug auf die psychologische Ebene der Figuren, ob sie denn nun verrückt sind oder ob doch etwas mystisches hinter dem Wahnsinn stecken könnte, so ist sich im Vergleich dazu "Experiment in Terror" vollkommen sicher was los ist. Hier geht es ganz klar um den Wahnsinn betrachtet auf rationaler Sicht. Der deutsche Titel deutet es da auch schon an, es ist der Terror eines Menschen aufgedrängt auf den Geist eines anderen um mit kontinuierlicher Irreführung diesen an sich selbst zu binden. Ihn zu kontrollieren. Doch soll diese Deutlichkeit nicht davon ablenken das Tourneu es trotzdem geschickt schafft dem ganzen Film über eine andere Art der Ambiguität aufzubauen. Durch seine subtile Raumgestaltung und verschachtelten Motivationen ist man sich als Zuschauer nie ganz bewusst wer denn nun der verrückte der drei Hauptdarsteller ist. Laut dem Mann ist es natürlich seine Frau, und selbst unser Protagonist der Psychologe gesteht sich ein das ihre Augen etwas verstörendes an sich haben. Doch die Frau vertraut sich dem Psychologe an und besteht darauf das es ihr Mann ist. Und der Psychologe, er bleibt die Konstante im Spiel des Wahnsinns bis uns der Film in einer simplen Szene zeigt das auch er nicht ohne Laster sein könnte: Nach vermutlicher Verfolgung von einem Unbekannten rettet sich der Psychologe in das Apartment/Atelier eines Freundes, eines Künstler. Skulpteur um genau zu sein. Und als der Psychologe dem Künstler seine Vermutungen bezgl. dieses ganzen Wahnsinns erläutert, schwirrt er im Atelier des Künstlers umher. Die Kamera fängt ihn in dieser Szene so ein das ein unvollendeter Kopf aus Lehm, dessen rechte Gesichtshälfte zerrieben ist, stumm aber allseits präsent im vorderen Bildrand verweilt. Also könnte nicht auch unsere Sympathiefigur ein zweites Gesicht haben? Tourneur lässt uns raten und gibt in einem wahrlich explosiven Finale die Antwort auf ein manchmal etwas verworrenes, aber stets faszinierendes Geheimnis dessen Inszenierung erneut seine präzise sowie bedachte Filmgestaltung offen legt. Hier muss man wahrlich sehen um zu verstehen.

Samstag, 14. Dezember 2013

Gravity (2013, Alfonso Cuarón)

"Either way, it's going to be one hell of a ride."

Regie - Alfonso Cuarón
Drehbuch - Alfonso Cuarón & Jonás Cuarón
Kamera - Emmanuel Lubezki
Erscheinungsjahr - 2013
Laufzeit - 91 Minuten


Im Kern ist Gravity eigentlich ein recht simpler Film. Es geht um eine Frau die innerlich verloren ist aufgrund eines tragischen Vorfalls und auf der Erde nur noch ziellos umherfährt, da sie mit ihrem Schmerz (dem des Lebens und seiner unweigerlichen Verluste) nicht umgehen kann. Diese innerliche Ziellosigkeit wird nun von Cuaron gewaltvoll nach außen gezerrt, als Projektionsfläche seiner Überwältigungs-inszenierung sowie einiger metaphorischen Plattitüden. Denn auch hier, weit weg von den irdischen Problemen, verliert sich die Frau aufgrund eines katastrophalen Unfalls in ein zielloses Bewegungsschema. Sie wird so hilflos wie ihr Kind, getrieben von Kräften welcher sie sich nicht mächtig machen kann. Doch nicht nur ihr ergeht es so. Auch die Kamera hat kein Ziel, sie dreht sich um das Geschehen, taucht in es hinein, sieht durch die Augen eines anderen Menschen ohne wirklich zu wissen warum. Der Affekt bleibt hierbei groß, die Emotionen aber flach. Die Form bildet hierbei keine eigene Intelligenz und verrät die eigenen Intentionen viel zu häufig. Erst wird das Ganze zelebriert, der (unendliche) Raum wird strukturiert in einzelnen Einstellungen, doch später kehrt alles wieder zu zahmen Methoden der Filmtechnik zurück ohne wirkliche Bedeutung zu erlangen. Im Endeffekt geht es aber auch kaum um die tiefere Penetration von irgend einem Thema, Bilder wie die nun oft genannte Fötus Symbolik oder Szenen in welchen der ziellose Mensch von einer Vielzahl von Strängen vor dem sicheren Tod bewahrt wird (wie eine Marionette also aufgehalten von etwas Höherem), solche visuellen Signale bleiben eben genau dies - Signale. Einfache Elemente zur einfachen Geschichtsgestaltung die ihren Wert mehr im temporären Affekt sehen. Eine fesselnde Überlebensgeschichte ohne Zweifeln aber eben auch nur dies. Das muss aber natürlich nicht immer schlimm sein.

Montag, 9. Dezember 2013

The Colonel's Account (Louis Feuillade,1907)


Eine Einstellung. Gefüllt mit Personen, Bewegungen und Geschichten. Das Bild als autonomer Mikrokosmos in dem alles passieren kann und darf. Hiervon sollte man eigentlich lernen, allen voran sollte man aber Lachen. Perfektes Kino.

Samstag, 7. Dezember 2013

Zwei Bilder ein Gedanke


("Jeanne Dielman" - Chantal Akerman / "Romancing in Thin Air - Johnnie To) 


Freitag, 6. Dezember 2013

Der Lange Weg nach Cardiff (John Ford, 1940)

"Best thing to do with memories is... forget em."

OT - The Long Voyage Home
Regie - John Ford
Drehbuch - Dudley Nichols
Kamera - Gregg Toland
Erscheinungsjahr - 1940
Laufzeit - 105 Minuten


Weniger Film als Momentaufnahme im Leben bestimmter Personen. Ford erzählt hier keine Geschichte sondern viele Geschichten. Temporäre Ereignisse im Leben von einer Gruppe Seefahrern. Das Leben auf dem ewig treibenden Meer ist für diese trieblosen sowie verlorenen Männer die einzige Flucht vor der Welt als solches. Allein mit den eigenen Fehlbarkeiten und Schwächen, gehen Fords Männer in ihrer Darstellung an den Kern der männlichen Einsamkeit. Heraufbeschwört durch eigene Taten und dem Unvermögen sich den Komplikationen des Lebens zu stellen. Umringt von ihresgleichen, ist es nur das Meer welches ihnen zuhören kann, doch ist dies ohne Anteilnahme für die emotionalen Narben dieser Menschen. Deshalb driften sie umher, betrunken, verlassen oder auf Streit aus, wie das Schiff. John Ford adaptiert die Geschichte verschiedener Theaterstücke von Eugene O'Neill, doch benutzt fast kaum eine Dialogzeile aus seinem Originalmaterial. Der Film ist generell sehr leise angelegt und wirkt wie eine Art Hybrid aus starkem Expressionismus in seiner Form und ebenso starkem Neorealismus in Sachen Struktur, Plot und Narration. Ford findet mit seinem Auge die wirre Mitte und findet in ihr eine Wahrheit welche sowohl durch die naturalistischen Charaktere spricht, sowie durch die tiefe und kontrastreiche Licht-/Schattenwelt in welche die Bilder sie umhüllt. Es ist erst nach so einem Film, in welchem das eine Bild an Bergman erinnert und die andere Szene dann an Tarr, bei welchem man merkt wie wenig so viele angeblich große Regisseure eigentlich für Film als künstlerischen Gegenstand bewerkstelligt haben. Ein großer Film.

Donnerstag, 5. Dezember 2013

The Eighteen Who Stirred up a Storm (Yoshishige Yoshida, 1963)

"You're not man. You're just rats!"

OT - Arashi o yobu juhachi-nin 
Regie & Drehbuch - Yoshishige Yoshida
Kamera - Toichiro Narushima
Erscheinungsjahr - 1963
Laufzeit - 108 Minuten


Gerade mal ein Jahr nach dem farbenprächtigen "Akitsu Springs" und ein Jahr vor dem endgültigen auseinanderbrechen mit seiner Produktionsfirma, hat Yoshida diesen "kleinen" Film gedreht. Klein in der Hinsicht da er a: Zwischen zwei so wichtigen Produktionen in seinem Schaffen kam und b: da er hier ungewohnt naturalistisch und fast schon konservativ auftritt. Die 18 Jünglinge, vom Film und von ihrer Gesellschaft nur als kollektiv betrachtet, sind im Film als Zeitarbeiter beschäftigt und krebsen am Hafen beim Schiffsbau herum. Yoshida benutzt fast nur Amateure im Film und zieht den Film als raues Sozialdrama auf, welches sich vor Ecken und Kanten in seiner Lebenszeichnung nicht drückt. Dabei engt der Film sich aber selten in ein Neo-Realistisches Formverständnis ein, die Bilder sind mal passiv, mal aktiv und mal voller bewussten Kompositionen oder die für Yoshida typischen Einbindungen von der umliegenden Architektur als Repräsentation irgendwelcher Zustände. Archaisch bleibt der Film dabei aber leider trotzdem ein wenig, denn im Kern geht es hier (neben dem Zustand der jungen Menschen als soziale Abfallprodukte) um eine oft gesehene Lehrer-Schüler Thematik. Erst durch ihren Chef (unser Protagonist) lernen die jungen Taugenichtse ihre Gemeinsamkeiten zu schätzen oder ihren Zusammenhalt zu stärken. Der Film ist dabei natürlich nicht frei von subversiven Methoden (oder dem Versuch) um dieses alte Werteprinzip einigermaßen zu relativieren, "die 18" sind ihrem Chef selten hörig, Respekt bekommt er von ihnen auch nie öffentlich (was für sich genommen eigentlich Sinn macht) und eine Vergewaltigung darf natürlich auch nicht fehlen, doch lässt sich dies eher der zugeschriebenen naturalistisch-rauen Progression der Geschichte zuschreiben als irgendeiner tieferen Auseinandersetzung mit dem Thema oder den Problemen der Jugendlichen (positiv Bsp. wäre hier Yoshidas eigener "Bitter End of a Sweet Night"). Am Ende bleibt der Film leider für mich unter seinen Möglichkeiten und über der Oberfläche aufgrund der streckenden Struktur oder der generellen Umsetzung der Thematik, die Bilder sind wie immer schön doch schafft es Yoshida hier nicht wirklich etwas interessantes dahinter zustellen. Leider.

Dienstag, 19. November 2013

Older Brother, Younger Sister (Mikio Naruse, 1953)

 "The man's got a problem with modern conveniences."

OT - Ani imôto
Regie - Mikio Naruse
Drehbuch - Yôko Mizuki, Saisei Murô
Kamera - Shigeyoshi Mine
Erscheinungsjahr - 1953
Laufzeit - 86 Minuten


Es ist interessant anzumerken wie Naruse die Vaterfigur hier im Film die ganze Laufzeit über in rein passive Verhaltensweisen einsperrt. Während der Rest der Familie sich gegenseitig mit emotionalen und später physischen Auseinandersetzungen versucht die eigenen Schwächen, verpackt als Beleidigungen und Anschuldigungen, entgegenzuwerfen, sieht man den Vater entweder schlafend, trinkend oder im Dorf umherwandern. Er bleibt ein lediglich abseitiger Charakter in mitten dieser allzu realen Dramatik. Es scheint als sei der Riss zwischen der Realität der Situation seiner Töchter und seinen Idealen bezgl. Familie einfach so groß geworden das es ihn auf einer Art und Weiße gebrochen hat als Mensch, er weiß einfach nicht mehr wie er mit ihnen kommunizieren soll. Nur einmal ist er in einen Dialog verwickelt doch bleibt auch hier stoisch und abwesend. Ein kleiner Aspekt in einem Film der noch so viel mehr macht. Dazu noch einer der wenigen Naruse der nicht in städtischer Umgebung spielt sondern in einer ländlichen. Doch soll die offene Umgebung hier nicht davon ablenken lassen, dass die Charaktere auch in dieser eingeengt werden. So war es doch nicht die hermetische Struktur der Stadt welche die Freiheiten der Figuren limitierte, sondern die menschlichen und gesellschaftlichen Schwächen, die eben in jedem Umfeld welches Menschen in sich trägt auftreten. Ganz im Gegenteil dazu bietet das ländliche hier sogar noch mehr Spannungsfläche als zuvor und gibt den Emotionen der Figuren die Möglichkeit sich gewalttätig zu entladen in einem Werk so voller rauer und unaussprechlicher Emotionen.

Freitag, 13. September 2013

Visuelle Anthropologie

Crude Oil
by Wang Bing











Sonntag, 1. September 2013

Auf eigene Faust (Budd Boetticher, 1959)

"There are some things a man just can't ride around."

OT - Ride Lonesome
Regie - Budd Boetticher
Drehbuch - Burt Kennedy
Kamera - Charles Lawton Jr
Erscheinungsjahr - 1959
Laufzeit - 73 Minuten


Den Film umgibt eine recht weltmüde Aura des Todes, welche so in den eher romantisierenden Geschichten über den Westen damals selten zu finden war. Hier will jeder irgendjemanden umbringen und jeder weiß zugleich, das es da draußen jemanden gibt der einen selbst umbringen will. Die Frau im Bunde sagt da zurecht zu unserem Held: "God, like two dogs fighting over a bone!" Doch entsteht genau dadurch eine Art moralisches Gleichgewicht im Film, die Figuren wirken selten wie ein rein narratives Konstrukt die allein zur Progression gewisser inhaltlichen Züge gebraucht werden. Hier ist jeder sein eigener Herr (oder eben Frau) über das eigene Schicksal, im Wissen das der Tod auch für sie kommen wird. Nicht durch Gott, die Natur oder Zufall, sondern in Form eines anderen Menschen. Diese Attitüde wird speziell durch Boettichers sehr ausgeglichenen Kompositionen geformt, sodass das "Böse" nie nur im anderen gefunden wird, sondern immer auf einer Stufe in einem selbst brennt. Wenn ein Outlaw z.B. unserem Helden erzählt was er mit dem Gefangenen machen will den unser Held nach Santa Cruz bringen will (wo der Galgen auf ihn wartet) und ihm somit suggeriert das er ihn wohl umbringen wird bevor er sein Ziel erreicht, dann stehen beide umhüllt in fast vollkommener Dunkelheit beisammen und reden wie gleichgestellt. Hier sind alle gleich, egal ob Held oder Krimineller. Alles nur Menschen. Das Boetticher in all diesem menschlichen am Ende noch ein Tor zum transzendenten aufmacht, die Umgebung in eine Repräsentation der brodelnden Rache umbaut, welche selbst im Feuer aufgeht, dann steigt der Film in Höhen auf welche im Western so selten erreicht worden sind.  

Montag, 26. August 2013

Big Heat (Johnnie To, Tsui Hark, Yeung Wah, 1988)

"The hostage asked me why I shot him. I told him the gun misfired. He says he'll sue. These guns are supplied by the UK. Go sue the England."

OT - Seng fat dak ging
Regie - Johnnie To, Tsui Hark, Yeung Wah
Drehbuch - Gordon Chan
Kamera - Chik Kim-Kit
Erscheinungsjahr - 1988
Laufzeit - 98 Minuten


Während man die Einflüsse des jungen Johnnie To hier vor allem in mehr konzeptuellen Methoden und Ideen der Inszenierung wiederfindet, sowie in einem gewissen Sinn für ein etwas melancholisches Darstellen einiger psychologischen Spielereien mit dem Hauptcharakter und seinen Defiziten, entsteht durch die sehr explikative und übertriebenen Gewaltdarstellungen seines Co-Regisseurs eine sehr fühlbare Unausgeglichenheit. Denn obwohl Gewalt in Tos Filmen häufig ein Element ist, verkommt sie nie zu einem Mittel der Befriedigung oder Ausschlachtung abwertender Emotionen. Sie mag zwar meistens stilisiert sein, doch ist sie immer an eine tragische Spannweite, Verzweiflung oder Verlorenheit gekoppelt welche die schwere des Todes nie außer acht lässt (bestes Beispiel sei da sein letzter Film Drug War). Deshalb wirkt der Film in seiner Glorifizierung der drastischen Gewalt oft unpassend inmitten den von To gezeigten Elementen. Wenn man sich jedoch aus diesem Blickwinkel (gerichtet auf To, und wie der Film in seinem größeren künstlerischen Kontext funktioniert) etwas befreien kann, etwas das bei der Gewaltdarstellung nicht unbedingt sein muss, funktioniert der Film aber sehr gut als Teil des Heroic Bloodshed Genres. Wodurch vor allem durch das blut-durchtränkte Ende etwas Sinn für Fatalismus aufkommt und die Gewalt einigermaßen erträglicher macht da sie in einen tragbareren Kontext gerückt wird. Die Geschehen mündet somit nämlich eher in einer Geschichte über Verlierer, anstatt in eine über Gewinner.

Sonntag, 25. August 2013

Breaking News (Johnnie To, 2004)

"I have a bad stomache."

OT - Dai si gin
Regie - Johnnie To
Drehbuch - Hing-Ka Chan, Yip Tin-Shing
Kamera - Cheng Siu Keung
Erscheinungsjahr - 2004
Laufzeit - 90 Minuten


Breaking News. Schwarzes Bild. Dann:
Die Kamera sieht in die Luft, nur blauer Himmel und die oberen drittel vereinzelter Hochhäuser sind zu sehen. In einer Bewegung schweift die Kamera nun langsam ihren Blick nach unten, um uns den räumlichen Überblick über eine kleine Seitengasse zu liefern. Ihr Sitz ist aber immer noch erhöht, fast auf einer Höhe mit den Häuser die sie umgibt. Langsam bahnt sich die Kamera ihren Weg hinunter in die Seitengasse und fängt in ihrer Mitte eine Person ein welcher sie, nun mit allen drei Beinen auf dem Boden, folgt. Sie beobachtet diese männliche Person von hinten wie sie in einen Hauseingang verschwindet. Mit immer noch wackerem Interesse fliegt die Kamera nun einfach wieder in die Lüfte, an der Hauswand nach oben, um an einem offenen Fenster im zweiten Stock ein Zimmer zu entdecken in welchem unser unbekannte Mann von vier anderen Männern empfangen wird. Sie reden, doch was sie sagen ist nicht von großem Interesse, irgendjemand soll angeblich ein Auto vorfahren und ganz suspekt scheinen sie auch nicht zu sein. Die Männer machen sich fertig und verlassen langsam das Zimmer, einer jedoch geh noch einmal an das geöffnete Fenster vor dem noch immer unsere Kamera verweilt. Seinem Blicke nach draußen folgend, schwenkt die Kamera nun rechts hinunter und sieht auf einmal wie eine Zeitung, welche auf einem kleinen Dach unterhalb des Hauses liegt, vom Wind weiter nach rechts geblasen wird und genau auf der Windschutzscheibe eines Autos landet. Die Kamera ist nun wieder auf dem Boden und fährt langsam an das Auto heran welches da unten parkt. Der Fahrer nimmt die Zeitung von seiner Scheibe und redet mit seinem Beifahrer, irgendwas wird gesagt. Der Beifahrer fragt beiläufig ob die Nachrichten denn schon wieder Zeitverschwendung sein wird. Der Fahrer antwortet leichtfüßig das sie wissen würden was denn heute passiert wenn es die Zeitung von morgen wäre. Wieso er das sagt ist nicht genau klar, das er etwas vorhat, auf etwas oder jemanden wartet (könnten es die suspekten Personen in dem Haus sein?) ist aber deutlich.




Dies sind nur die ersten knapp zwei Minuten der insgesamt sieben minütigen Eröffnungseinstellung-/szene von Johnnie Tos Breaking News. In einer einzigen ungeschnittenen Einstellung schafft es To die Kamera vom Himmel herunter zu holen, auf dem Boden herumfahren zu lassen, wieder in den Himmel zu schicken, erneut nach unten schweifen zu lassen nur um dort all mögliche Geschehnisse einzufangen für dessen Entstehung es normaler Weiße die Magie der Montage benötigt. Was die Kamera hier aus technischer Sicht leistet ist in der gesamten Filmgeschichte vielleicht nur noch mit der berühmten Beerdigungsszene aus "I Am Kuba" zu vergleichen. Doch auch formal schaff er es mit seiner einzigartigen Bildsprache diese technische Kompetenz so zu benutzen, um mit einfachsten Gesten und Bewegungsabläufen der Kamera intuitiv inhaltliche sowie charakterbildende Gegebenheiten (Wer ist sind die guten, wer die bösen und was sind ihre groben Charakterzüge) einzuführen. Das alles mitsamt einer ständigen und langsam aufbauenden räumlichen Kohärenz die aus dieser kleinen Gasse, welche sich binnen weniger Sekunden in ein Kriegsgebiet verwandelt, eine geschlossene Einheit schafft. Ein Meisterwerk der Filmkunst. Wie der Rest des Filmes, dessen Medien-Satire sich mit mehrmaligen sehen viel besser in ein sonst so pures visuelles Vergnügen eingliedert. So geht es in Breaking News nämlich nur auf einer Ebene um diese Medien, der Rest ist ein grandioses Spiel mit Räumen (anfangs offen, nur begrenzt durch die transparenten Räume der urbanen Umgebung, dann durch den Wechsel ins Hochhaus eingeengt durch tatsächliche Räume - Treppenhäuser und Gänge). Ein Ausnahmefilm des modernen Kinos und trotzdem "nur" der 12. beste Film des Johnnie To. Da kann einem schon mal schwindlig werden.

Samstag, 24. August 2013

The Enigmatic Case (Johnnie To, 1980)

"I ain't human, but I ain't dead."

OT - Bik seoi hon saan dyut meng gam
Regie - Johnnie To und Yeung-Wah Kam
Drehbuch - Zhu Yan
Erscheinungsjahr - 1980
Laufzeit - 91 Minuten


Die Früh-Phase des Kinos von Johnnie To verschwindet meistens unweigerlich neben seiner, von neuer Kreativität und Freiheit geprägten, Ära die mit der Gründung seines Milkyway Produktionsstudio begann und bis heute stark anhält. Verwunderlich ist dies nicht, da die Höhen welche der Hong-Kong Meister mit jedem weiteren Film heutzutage durchbricht auch durchaus von anderer Qualitativen Güte sind wie seine Anfänglichen Gehversuche, doch ist es durchaus eine enorm interessante und erleuchtende Tätigkeit/Vergnügen, sich näher mit eben jenen auseinanderzusetzen. Sein Debüt stellt da keine Ausnahme dar. Schon durch das wild-suggestsive Intro wird anfangs klar das man es hier nicht einfach nur mit einem Martial-Arts Film zu tun hat, man wird eher an japanische Exploitation-filme der 70er erinnert (und in späteren Momenten auch an Italo-Western) wenn man sich die Musik sowie die Raum-verzerrenden Schnittmuster ansieht. Sich in eine einfache Genreklassifikation zu drängen war To wohl damals schon zu einfach. Dies wird speziell ersichtlich wenn der Film sich gen Ende endlich öffnet im Bezug auf sein Inhaltliches Leitmuster, und uns zeigt was die Motivationen unseres eigentlichen Antagonisten sind. Hier regiert nicht etwa Rache, Hass oder blinde Ehre, sondern ausgerechnet Nächstenliebe und soziales Engagement. Eine bedeutende Information im Film, die selbst unseren Helden zum innehalten anregt, welche vom körperlich schwächsten Charakter (einer Frau) benutzt wird um die zwei Personen zu beschützen die sie am meisten liebt, welche drauf und dran waren sich gegenseitig zu töten. Eine unglaublich warmherzige Aktion, die zwar leider doch fatalistische Endresultate mit sich zieht, in ihrer Aufrichtigkeit bezüglich festgefahrener Geschlechterrollen im Genrefilm aber durchaus positiv zu bewerten ist. Auch stilistisch weißt der junge To bedeutende Akzente auf die man bis in seine jetzige Schaffensphase mitverfolgen kann. Ganz besonders hervorzuheben seien hierbei die letzten beiden Kampfszenen, welche durch ihren innovativen sowie tragisch konnotierten Zeitlupeneinsatz, den expressiven Licht/Schattenspielereien oder klaren Raumdarstellungen deutlich aufzeigen, das man hier einen jungen Mann vor sich hat dessen Zukunft mehr als nur vielversprechend seien könnte.



Samstag, 17. August 2013

Miami Vice (Michael Mann, 2006)

"Probability is like gravity: you cannot negotiate with gravity."

Regie & Drehbuch - Michael Mann
Kamera - Dion Beebe
Erscheinungsjahr - 2006
Laufzeit - 13 Minuten



Anders als zuvor in Collateral, als Michael Mann noch einige Szenen auf Film gedreht hat um die Einschränkungen des digitalen Kinos zu überbrücken, gibt er sich in Miami Vice fast vollkommen dieser neuen Aufnahmetechnik hin. Er akzeptiert die Limitationen des Digitalen und verwendet sie hier das erste mal wirklich als Vorteil, um sich den ästhetischen Eigenheit nicht als Problem zu nähern sondern als einen lediglich neuen Weg etwas zu zeigen. So ist es verständlich wenn das körnige Bild in den Nachtaufnehmen z.B. zuerst noch für einige ablenkend wirken mag sollte man sich jedoch im klaren sein das es sich hier um etwas neues handelt. Wenn die zwei Hauptcharaktere am Beginn des Filmes z.B. aus dem See an Menschenmassen in einer Disko, voll von über-stimulierenden Farben und Geräusche, nach draußen auf ein Dach gehen und sich hinter ihnen ein See an Lichtern und Gebäuden ausbreitet, dann legt Mann die Konzentration hier auf die Fähigkeiten des digitalen Bildes und dessen enorme Weitsicht. So entstehen wort-wörtlich unendliche Kompositionen welche in ihrer starken Einteilung und horizontalen Gliederung, in denen der rote Himmel den Großteil des Bildes einnimmt und die Lichter der Großstadt zu einer feinen Linie in der unteren Hälfte werden, dann am besten mit deutscher Früh-Romantik zu vergleichen sind (David Friedrichs "Mönch am Meer" kommt in den Sinn). Hier passt sich also nicht nur die eine Bewegung auf die andere ab, sondern auch Linien und Formen sowie Farben und Gesten. Ein Abgleich geometrische Symbole und formalen Einheiten die nicht nur im autonomen Bild an sich eine Präsenz finden, sondern auch mit Verbindung andere darauffolgender eine Bedeutung ergeben. Ein ständiger Fluss an Bildern der eben nicht nur mit sich im einzelnen (und uns) kommuniziert, doch auch untereinander die klare Linie der suggerierten oder dargestellten Empfindungen und Wahrnehmungen unterstreicht. Das mag jetzt alles recht theoretisch klingen, doch schaffte es Mann ja gerade durch diese neuen Möglichkeiten eine Erweiterung seiner sowieso schon weit ausgebreiteten Emotionen. Die Sehnsucht von Professionellen nach etwas außerhalb ihrer kalten Tätigkeiten, der Blick in diese immer weiter ausbreitende Weite. Doch bietet diese keine Antwort, am Ende ist alles wieder wie am Anfang und der Versuch der Flucht in einen Traum nach Liebe und Frieden ist nur ein Traum geblieben. Ein schöner, aber hoffnungsloser. Ach du süße Melancholie, lass mich noch verweilen. Sie sieht ihn. Er sieht sie. Sie fährt weg, ihn im Blick. Doch er ist schon fort, zurück in seiner Welt.
One of these mornings / Won't be very long / You will look for me / I'll be gone.
I'll be gone...

Dienstag, 13. August 2013

Die Piratenkönigin (Jacques Tourneur, 1951)

"You lied to me."

OT - Anne of the Indies
Regie - Jacques Tourneur
Drehbuch - Philip Dunne, Arthur Caesar, Herbert Ravenel Sass
Kamera - Harry Jackson
Erscheinungsjahr - 1951
Laufzeit - 81 Minuten


Die Geschichte eines hübschen jungen Franzosen, der sich in Geheimer Mission auf das Piratenschiff eines der teuflischsten Kapitäne der Meere begibt, um von der britischen Marine sein schönes Schiff wieder zu bekommen. Und seine Ehefrau. Langweilig. So hat es sich wahrscheinlich auch Tourneur gedacht und dreht unseren Blickwinkel dieser Geschichte einfach mal auf den Kopf, in dem unser Hauptcharakter eben nicht der hübsche junge Franzose ist sondern der teuflische Kapitän. Wäre das nicht schon gewagt genug, wird aus dem Kapitän die Kapitänin. Auf die zahlreichen sexuellen Implikationen will ich hier gar nicht eingehen, da diese an fast jeder Ecke lauern. Schön aber zu sehen wie sich ein Film vornimmt, vor allen wenn man mal das Erscheinungsjahr betrachtet, einen Film über den "weiblichen Blick" zu machen. Anne ist zwar kleiner als fast all ihre männlichen Gegenspieler und an Wahnsinn, Gewalt oder Fehlendscheidungen fehlt es ihr auch nicht, doch ist es sie die in lodernden Flammen verglühen darf. Sie ist es die (bitte entschuldigt) die Hosen an hat. Sie ist es die im Angesicht des Verderben ihren (erneut, Entschuldigung) Mann steht und dem Feind ins Gesicht sieht. Eine freie Frau, wenn auch nicht ohne Fehlern. Doch das sie diese haben darf, macht sie in ihrer Unglück doch so menschlich.

Donnerstag, 8. August 2013

Heaven's Gate - Zeitsprung #1

Einer der beeindruckendsten Zeitsprünge im Kino. Ein überbrücken von Zeit, Land, Träumen, Ambitionen gebündelt in Versagen und grausamer Melancholie.







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Der Rebell (Jacques Tourneur, 1950)

"Now, Marchese, we're in the dark where a sword is just a long knife."

OT - The Flame and the Arrow
Regie - Jacques Tourneur
Drehbuch - Waldo Salt
Kamera - Ernest Haller
Erscheinungsjahr - 1950
Laufzeit - 85 Minuten


Es grenzt fast schon an Größenwahn wie die spektakulärste Szene in Tourneurs zweitem famosen Technicolor Film, komplett in der Dunkelheit inszeniert wird. Tourneur gleicht auch für "Der Rebell" seinen Stil der neuen Praktik nicht an, sondern macht sie sich komplett zu eigen und schöpft die neuen Möglichkeiten so weit aus um seine Vision zu komplementieren, anstatt sie von ihnen zu vereinnahmen lassen. Tourneur Form steht dabei in ständiger Kommunikation mit den inhaltlichen Zügen seiner eher spaßigen Abenteuer Geschichte. Die Inszenierung der Innenaufnahmen z.B. , in den weiten Hallen des Schlosses, sieht dann schon fast so aus als würde er Still Leben photographieren. Passend für das tote Dasein des dekadenten Herzogs. Ein augenscheinlich kleiner Film in Tourneurs Schaffen, wohl auch aufgrund seiner leichten Gangart und der romantischen und gymnastischen Ausartungen von Filmheld Burt Lancaster, doch sind es genau diese Komponenten die dem Film seine eigentliche Größe verleihen. Kurz genug um den falschen Heroismus unseres Helden als solchen zu erkennen ("I don't know which gives me more pleasure: kissing you or hitting you. 'Don't move till I come back' A girl could starve waiting for you!" Sagt ein Fräulein am Anfang des Filmes) und gerade lang genug um sich nicht in ihnen zu verlieren wenn sie eingesetzt werde

Dienstag, 6. August 2013

Berlin Express (Jacques Tourneur, 1948)

"That's right - the dove of peace was a pigeon. A dead pigeon."


Regie - Jacques Tourneur
Drehbuch - Curt Siodmak, Harold Medford
Kamera - Lucien Ballard
Erscheinungsjahr - 1948
Laufzeit - 87 Minuten


Was ist ein Auteur? Tourneur sicherlich nicht. Als man ihm das Drehbuch für "Berlin Express" gab, äußerte er keinen Widerspruch. Als das Studio ihm die weibliche Hauptrolle vorschrieb, welche gleichermaßen ihren Mann den Kameramann mit ins Boot holte, war ihm das auch herzlich egal. Es gab keine Konflikte, kein Drama. Tourneur ging einschneidende Kompromisse ein, sein Status als Auteur also nichtig. Wieso ist es aber das jeder seiner Filme eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit ähnlichen Themen ist (z.B. Unwissen, Unfähigkeit, Niederlagen und die Angst vor diesen), eine Vision die sich entweder psychologisch, philosophisch oder poetisch gewichtet in seinen Filmen verteilt. Filme von verschiedenen Studios, mit verschiedenen Drehbüchern, mit verschiedenen Schauspielern und verschiedenen Kameramännern. Ich glaube es ist klar worauf ich hinaus will. Tourneurs kraft liegt in seiner Form und was er durch sie kommuniziert. Berlin Express ist ein Film der Bewegung. Das folgen von Bewegung in Bewegung, meist linear, perfekt durchgeführt in den Szenen im Zug in welchen Tourneur die Kamera tief in die engen Gänge drängt. Und dann natürlich Bewegung im Stillstand wenn man sich durch die zerbombte Umgebung Deutschland wühlt. Und obwohl man nun aus der Enge des Zuges befreit worden ist, gibt der Film einem nun im Freien mehr als zuvor ein Gefühl der Hilflosigkeit. Hilflosigkeit gegenüber den eigenen Ressentiments und Unterschieden. Ein Film über einen Amerikaner, Franzosen, Briten und Soviet die sich gemeinsam auf die Suche nach einem Deutschen machen. Nicht aber etwa um ihn zu töten, sondern um ihm zu helfen. Eine noble Absicht, vor allem in der Nachkriegszeit, doch Tourneur zeigt auf das es auch da Grenzen gibt. In dem Versuch der Vereinigung und dem gegenseitigen Verständnis kann durchaus eine Freundschaft entstehen, doch fehlt dem gegenüber zwangsläufig und per Definition oft der Kontext. Wie die Hilflosigkeit des Amerikaners, der in dem Schlüsselmoment des Filmes in einem großen Bierbraukessel gefangen ist und nur zusehen kann. Am beeindruckendsten und sensibelsten ist diese Hilflosigkeit aber beim Ende dargestellt: Unser Amerikaner, unser Brite, unsere Deutschen und Soviets trennen sich in Freundschaft, die Musik schwillt an, die Kamera setzt sich zurück und sieht unsere letzten Gefährten in ein Auto steigen. Doch bevor der Film uns mit seinem "The End" verlässt sieht man, vollkommen ohne Ironie oder Zynismus, einen Einbeinigen Mann durchs Bild humpeln. Durch die Ruinen Berlins. So viel Schuld, Zerstörung und Leid kann man von der anderen Seite nicht nachempfinden, schon gar nicht verstehen. Freundschaft aber, die kann nützlich sein.

Sonntag, 4. August 2013

Feuer am Horizont (Jacques Tourneur, 1946)

A man can choose his own gods, Cornelius. What are your gods?

OT - Canyon Passage
Regie - Jacques Tourneur
Drehbuch - Ernest Pascal, Ernest Haycox
Kamera - Edward Cronjager
Erscheinungsjahr - 1946
Laufzeit - 92 Minuten


Für seinen ersten Farbfilm, dreht Tourneur dem Genre das ihm die ersten Erfolge gesichert hat den Rücken zu und macht seinen nicht minder beeindruckenden Einstand im Western. Dies soll aber nicht heißen das der Mann keinen Respekt vor dem Horrorfilm hatte. In späteren Jahren drehte er nur noch einen wirklichen Horrorfilm (Night of the Demon) in welchem er sich dazu entschied, trotz all der Erfahrung im Farbfilm, wieder zu der expressiven Stärke des Schwarz-weißfilm zurück zu kehren. Aber das nur am Rande. Sein Einstieg in den Western zeigt deutlich das Tourneur wirklich einer der ganz großen war. Einer dem es, bei all der Liebe zu den verschiedenen Genres, nicht um gängige Implikationen in diesen ging, sondern um eine persönliche Auslegung mit Ausdruck eigener Ideen. Sein Western ist kein Western, keine nostalgische Zivilisation der Ehre. Sondern eine des Geldes, der Gier und der Gewalt. Unser Cowboy kein Revolver-held, sondern fast schon ein Pazifist. Wenn er mal Kämpft dann nur weil ihn die Gesellschaft wortwörtlich dazu zwingt. Es sei gute Unterhaltung sagt der eine, der andere hat eine Wette am laufen. Eine friedliche Gemeinschaft die gemeinsam das Haus für zwei frisch verheiratete gebaut hat, nun ein Mob die unseren Helden zum Kampf anfeuern und danach fragen warum er seinen Gegenüber nicht getötet hat. Das eigenen Volk ist hier kaum besser als die bösen Indianer. Tourners filmisches Geschick seine Ideen simpel und mit perfektem Ausgleich unterschwellig oder direkt zu kommunizieren ist erstaunlich. Das rein räumliche kartieren von Umgebung und Verbindungen sowie seine ausdrucksstarken Farbbilder und tiefen/dynamischen Kompositionen mal ganz zu schweigen. Ein harmonischer Film in einer gierigen Welt.

Freitag, 2. August 2013