Samstag, 28. Juli 2012

The Fourth Dimension (Trinh T. Minh-ha, 2001)

"Show a country,


  speak of a culture in whatever way,   


 and you'll enter into fiction


while yearning for invisibility."


Donnerstag, 26. Juli 2012

Chronicle of a Chinese Woman (Wang Bing, 2007)

"..."


OT - He Fengming
Regie & Kamera - Wang Bing
Erscheinungsjahr - 2007
Laufzeit - 186 Minuten


Eine alte Dame läuft durch leergefegte Betonhäuserschluchten. Sie hat eine kleine Tüte in der linken Hand. Mit gleichmäßigem aber bedachtem Schritte läuft sie voran. Es scheint Winter zu sein. Sie trägt eine Roten Jacke. Auf dem Boden sind kleine Eislachen über welche sie langsam drüber läuft um nicht auszurutschen. Weit und breit ist niemand zu sehen oder hören. Es ist später Nachmittag. Oder früher Abend. Die alte Frau erreicht einen Hauseingang, sie tritt ein. Die Kamera, welche ihr den ganzen Weg gefolgt ist, bleibt vor der Tür stehen. Sie ist zögerlich, will nicht eintreten. Respekt. Oder doch Ehrfurcht und Angst vor dem was man gleich hören wird. Nun sind wir im Hause der alten Dame, sie läuft durch ihre Wohnung, die Kamera bleibt in einer Einstellung. Die Frau trägt etwas Tee in einen Raum der aussieht wie ein Wohnzimmer. Sie setzt sich auf einen Sessel. Die Kamera, welche bis dato außerhalb dieses Zimmer hineinschaute springt nun durch einen Schnitt ihr direkt gegenüber. Wir sehen das erste mal das Gesicht der Dame. Ein Gesicht welches wir für die nächsten drei Stunden sehen werden, es sehen und manchmal auch Wünschen es doch vergessen zu können, es nicht sehen zu können. So ist das was dieses Gesicht, dieser Mensch erzählt doch schwer zu ertragen. Doch die Kamera bleibt ihr gegenüber. Drei Stunden lang. Sie erzählt von ihrer Jugend, wie sie die Chance auf eine gute Universität zu kommen ausschlug um den Revolutionären beizutreten. Wie selbige sie und ihren Mann dann aber als Rechte bezeichneten wegen eines Essays des Mannes über die Unfähigkeit der Gesellschaft konstruktive Kritik aufzunehmen. Wie sie daraufhin täglich diskriminiert worden sind. Wie sie nach langem leiden Verurteilt wurde, von ihrem Mann und Kindern getrennt ins Arbeitslager geschickt worden ist. Wie sie daraus entkam um ihrem Mann in einem anderen Arbeitslager zu retten welche am verhungern war. Wie sie ihn nicht fand. Wie sie leidet. Doch erzählt sie all dies in solch gleichbleibendem Ton, in solch einer Ruhe. Wie sie da sitzt in ihrem kleinen Wohnzimmer. Nur ab und an gerät die Stimme ins stocken, doch Tränen sind nie zu sehen. Und die Kamera sitzt ihr gegenüber. Ich selbst hab leider keine intelligenten Wörter parat um zu erklären warum das was Wang Bing hier gemacht hat, und wie er es gemacht, hat so verdammt groß ist. Der Kritiker Andrew Chan hat es aber gut getan, deswegen:

"[...]The American poet Muriel Rukeyser asked, “What would happen if one woman told the truth about her life?”; her answer: “The world would split open.” The tragic extremes of Fengming’s biography seem to demand such a cosmic response, or at least some physical manifestation or visual correlative onscreen, and yet that’s precisely what Wang denies us with his stable camera and minimal editing. Spoken in a small voice in the privacy of a woman’s cramped living room, truth is stripped of its melodramatic and heroic trappings—self-evident in its value, but uncertain in its efficacy as a catalyst of social (let alone supernatural) transformation. Above all, in the span of these three hours, we experience Fengming’s safety—her freedom from physical harm and the fear of greater loss—as if it were as epic a condition as political peril. We wonder how a life that has been propelled moment-to-moment by struggle adjusts to this sedate, solitary aftermath, on this side of a horrific century. Teacups sit on a cluttered table; a microwave is perched on a stand in the corner; a poster of the character fu—meaning good fortune—lies inconspicuously and without irony on the sofa. And light through a window may or may not signal the persistence of beauty. The unshakable power of Wang’s film lies in the tension between its fraught subject and its calm setting, in its desire to function as both a cry of pain and a sigh of relief."

Donnerstag, 19. Juli 2012

Teatro Amazonas (Sharon Lockhart, 1999)

"...."

Regie - Sharon Lockhart
Musik - Becky Allen
Erscheinungsjahr - 1999
Laufzeit - 39 Minuten


Eigentlich sehr Schade das Lockharts Filme nur auf Ausstellungen oder Installationen ihrer Werke auf der großen Leinwand zu sehen sind. So macht es doch wenig Sinn diesen Film hier, wie auch einige andere von ihr, auf einem kleinen Bildschirm zu sehen. Gerade Teatro Amazonas, welcher für eine halbe Stunde Personen im selbigen Opernhaus zeigt die sich ein von Becky Allen extra für den Film komponiertes avant-garde Stück anhören, ist gerade dafür konzipiert das man ihn auf einer Leinwand in einem Kinosaal (oder etwas ähnlichem) ansieht. Der Film ist nämlich eine Art Spiegel. Lockhart zeigt hier nämlich in einer statischen Einstellung, welche von der Bühne aus die (nach Eingeborenen aussehenden) Zuschauer observiert wie sie wiederum den Chor auf der Bühne observieren welcher gerade das Musik Stück vorführt, unser Spiegelbild. Wir sehen uns selber dort auf der anderen Seite sitzen. Und während Beckys experimenteller Chor langsam verblasst und sich mit den Geräuschen der Zuschauer zu vereinen scheint erkennt man immer mehr wie auch wir uns mit den Leuten auf der anderen Seite überlappen. Oder besser gesagt wie wir unseren sonst so unmerklichen Verhaltensweisen bewusst werden wenn wir sie auf der anderen Seite wiedererkennen. Das kann natürlich auch vor dem Computer oder dem Fernseher klappen, aber ich will mir gar nicht Vorstellen wie viel enormer die Wirkung ist wenn man es in einem große Saal zu sehen bekommt. Wenn der sonst so anonyme Raum des Kinos, welcher das ja sowie so schon sehr voyeuristische Medium umkleidet, auf einmal entblößt und umgekehrt wird sodass wir die beobachteten sind. Großartig.

Donnerstag, 12. Juli 2012

Lunch Break (Sharon Lockhart, 2008)

"...."

Regie - Sharon Lockhart
Kamera - Richard Rutkowski
Erscheinungsjahr - 2008
Laufzeit - 83 Minuten


Sharon Lockharts Film ist genau das was der Titel impliziert. Ein Lunch Break. Eine Pause von 42 Arbeitern der Bath Iron Works Werft in Bath, Maine. Lockhart, welche zuvor unter den Arbeitern lebte um ein besseres Bild über sie zu bekommen, Filmte die Arbeiter während der Mittagspause in einem langen Korridor welcher fast die gesamte Werft entlang führt. Ein endloser Korridor ausgestattet mit Maschinen, Leitern, Stahlgehäusen jeglicher Art und Sitzmöglichkeiten für den ein oder anderen Arbeiter. Lockhart fokussiert ihre Kamera ins Zentrum des Korridors und folgt ihm geradeaus entlang mit statischer Präzision. Dabei verlangsamt sie in Nachhinein das Bild wodurch diese Fahrt zu einer Art Repräsentation dieses Momentes vom Durchatmen und temporärer Freiheit von den Angelegenheiten der körperlich anstrengenden Arbeiten außerhalb dieses Korridors wird. Die Kamera bleibt dabei aber weitestgehend unsichtbar, die Menschen interagieren kaum mit ihr wenn sie vorbei fährt, nur ein paar schenken ihr kurz einen Blick. Ein Blick der dann aber schnell wieder in die vor einem liegende Zeitung oder auf das zu verschlingende Brötchen zurück fällt. Lockhart erreicht so einen Grad der Authentizität und Realität welcher für ihre formellen Intentionen enorm hilfreich ist.



Doch was ist nun so besonders an dem Film, an dieser Fahrt? Nach circa 20 Minuten erscheint in der Distanz ein Hindernis inmitten des Korridors. Eine Stahlstange um genau zu sein steht dort. Man beginnt sich zu überlegen was nun passiert wenn wir dort angelangt sind. Wird die Kamera nach rechts oder links ausweichen und daran vorbei gehen. Wird es den ersten Schnitt im Film geben? Oder wird etwas komplett anderes passieren als man sich vorstellt? Das Lockhart nun wenn sie die Stange erreicht hat einfach dezent nach rechts ausweicht soll jetzt mal Hintergründig bleiben, was dieses Beispiel aber zeigt ist die Stärke von Lunch Break. Die Gedanken wandeln. Das Augen wandelt. Ihre Anfänglich streng anmutender Formalismus weicht sich auf und stellt sich als gar nicht so streng heraus sondern sehr Offen. Er diktiert nicht. Er lässt dem Zuschauer den Raum und die Zeit um in ihnen und in der dargestellten Tiefe des Korridors eine Welt von Details und Menschlich banalen Schattierungen in ihren Gesten zu entdecken, sie wahrzunehmen. Doch nicht nur das, das apokalyptische Raunen auf der Tonspur welches von den Maschinen, so jedenfalls die naheliegende Vermutung, außerhalb des dargestellten Korridors stammt lässt die Pause und den kurzen Moment der Freiheit welchen Lockhart hier in die Länge zieht und fast schon meditiert, noch so viel süßer und wichtiger machen als er schon ist. Denn der Stillstand ist eben nur zeitweilig und das abmühen wird bald wieder beginnen

Mittwoch, 11. Juli 2012

Betelnut (Yang Heng, 2006)

"I saw a cute girl in the Internet cafe the other day."

OT - Binglang
Regie, Drehbuch und Kamera- Yang Heng
Erscheinungsjahr - 2006
Laufzeit - 116 Minuten


Mit Blissfully Yours und Hou's A Summer at Granpas ist Betelnut einer von wenigen Filmen die für mich die träge Atmosphäre der heißen Sommertage wieder spiegelt. Nichts zu tun außer Nichtstun. Das Leben steht still und es bleibt nichts anderes als warten. Für die beiden Protagonisten ist es ein warten auf Zusammenkunft, auf die erste Liebe. Die Zeit dahin wird totgeschlagen mit Diebstählen, Prügeleien mit anderen jugendlichen und das langweilen am Flussufer. Und wenn die Liebe dann mal kommt ist sie auch schon so schnell weg wie sie aufgetaucht ist. Mit konsequentem Sinn für kontemplativem Minimalismus photographiert Yang mit statischer Präzision die großangelegten Landschaften und die offenen Städte welche den Film sowie die antriebslosen Charaktere vorantreiben. Vorantreibt in eine Lebensphase aus Nichts und wieder nichts. Den das Leben steht still, es steht still...

Himmel und Erde


Himmel und Erde,


geteilt durch die feine Linie Namens Mensch.




Dienstag, 3. Juli 2012

Caché (Michael Haneke, 2005)

"Was wollen sie?"

Regisseur & Drehbuch - Michael Haneke
Kamera - Christian Berger
Erscheinungsjahr - 2005
Laufzeit - 117 Minuten


Das einzige was an Cache aussetzten wäre ist das Haneke es für meinen Geschmack nicht zur Gänze schafft seine offene Dramaturgie mit Konsequenz zu handhaben. Der Mann ist nicht doof, soviel ist klar, er will das wir aktive Teilnehmer seiner dargestellten Realität werden und versucht uns dies möglich zu machen in dem er jegliche Form von Antworten aus dem Film abstrahiert um uns mit Fragen zu entlassen sodass der Film nicht auf der Leinwand (oder auf dem Bildschirm) endet sondern erst in unserem Kopf einen Kreis zu schließen vermag. Er will das man zuhört und zusieht um seine eigene Perspektive an die Offenheit des Filmes anzuschließen. Und das ist gut, sehr gut sogar. Doch schafft er es nicht sich von Muster typischen Mitteln vollkommen frei zusagen, die Kamera ist trotz ihrer statischen zurückhaltigkeit in ein paar Szene am direkten eingreifen in das Verarbeiten der Informationen welche eigentlich für den Zuschauer gedacht worden sind. Dies tritt meistens bei interpersonellen Aktionen auf, was recht schade ist da der Film es die meiste Zeit dann doch schafft (um jetzt mal positiv zu werden) uns die völlige Freiheit im Raum zu lassen um durch diverse Nuancen und Details sowie Verhaltensmustern in die Unruhe der dargestellten Charaktere zu blicken, sie selber zu entdecken und zu deuten. Deswegen ist es auch so Schade wenn sich dann plötzlich ein Schnitt in den Film schleicht der unseren Fokus direkt auf Dinge zieht die wichtig erscheinen oder Haneke sich verpflichtet fühlt auf uninteressantes shot>reverse shot>reaction shot Geplänkel zurück zu greifen. Dies bleiben dann zum Glück Anomalien, trüben den gesamt Eindruck aber etwas. Vielleicht bin ich da aber auch nur etwas Kleinkariert was diesen Kritikpunkt angeht, wer weiß, hat sich jedenfalls so angefühlt. Cache bleib aber selbstredend trotzdem immer noch eine perfide Parabel welche in psychologischer Authentizität ein in sich verschwimmende Bild von Schuldzuweisung und Schuldbewältigung malt dessen Bedeutungen für den Hauptcharakter des Films immer schwerer zu unterscheiden sind.