Mittwoch, 31. Juli 2013

Katzenmenschen (Jacques Tourneur, 1942)

"I like the dark. It's friendly."

OT - Cat People
Regie - Jacques Tourneur
Drehbuch - DeWitt Bodeen
Kamera - Nicholas Musuraca
Erscheinungsjahr - 1942
Laufzeit - 69 Minuten


Der Mensch als der "andere" als ein Fremdkörper in der Norm, dessen Glaube an das Unvorstellbare mehr Angst macht als das Unvorstellbare an sich. Tourneurs Spiel mit dem Ungewissen ist ein intelligentes und suggestives Spiel mit den Wahrnehmungsmechanismen des Kinos. Mitsamt einer unterschwelligen sexuellen Politik der Repression durch Rationalität, von der sich von Trier mit seinem Antichrist Filmchen wohl das eine oder andere abgeschaut hat. Was Tourneur hier schon zeigt, neben seinen ausgeprägten Texturen und sein expressiver Einsatz von Licht/Schatten, ist die Besonnenheit in seiner Charakterentwicklung. Zwar dürfen sich die Emotionen seiner Personen durchaus auch mal, wie damals üblich, recht aufgebauscht entladen, doch dürfen sie auch einfach mal an einem Wasserspender stehen und über Eheprobleme reden. Dieser grundierte Bezug zu seinen Spielfiguren macht dessen Schicksal in den wichtigen Momenten dann nur noch effektiver als die überlegte Atmosphäre es sowieso schon darstellt.
Wir fürchten die Dunkelheit nicht etwa weil sie uns unsere primäre Wahrnehmungskraft raubt, sonder weil sie uns daran erinnert das wir letztendlich doch alleine sind. Verwundbar und von Kräften jenseits unserer Greifbarkeit beeinflusst. Wie im Kino...


Sonntag, 21. Juli 2013

Repast (Mikio Naruse, 1951)

"Beer doesn't taste so good when your wife is moaning at you."

OT - Meshi
Regie - Mikio Naruse
Drehbuch - Yasunari Kawabata, Fumiko Hayashi
Kamera - Masao Tamai
Erscheinungsjahr - 1951
Laufzeit - 97 Minuten


Es ist erneut interessant anzumerken wie Naruse hier gängige melodramatische Elemente anwendet um durch sie tiefe Wahrheiten des Menschen freizulegen. Der Grundkonflikt in Repast ist ein altbekannter und oft benutzter: Ein verheiratetes Paar lebt sich auseinander. Der Mann arbeitet. Die Frau führt den Haushalt. Beide Seiten sind unzufrieden mit dem Gegenüber. Die Frau hat genug davon ständig nur ein Hausmädchen zu sein, das sich um das Haus kümmert und dem Mann das Essen reicht wenn er danach verlangt. Und den Mann stört das Gejammer der Frau. Doch anstatt die Schuld einer der beiden Personen alleine zuzuschieben, bedarf es bei Naruse hier einen komplizierteren Weg zur Lösung. So ist es nicht der Mann der die Frau in diesem Leben einschränkt, es ist die Situation. Etwas das beide merken, wenn die Frau aus eigenem Willen einfach mal für mehrere Tage ihre Mutter besucht, um dort etwas Raum zu bekommen (Sie bricht somit also aus dieser Mann-Frau Situation aus). Und erneut, reduziert Naruse seine Charaktere nicht darauf in reinen Stereotypen zu enden, nur weil ihr Ausgangspunkt im typischen Melodrama verortet ist. Der Mann mag zwar nun alleine zu Hause sein und verwandelt dieses auch sehr wohl in ein Schlachtfeld voller Klamotten und Geschirr, doch lehnt er eigenen Willens die Hilfe von Nachbarinnen und Freundinnen seiner Frau ab. Er ist sich selbst nicht zu schade den Abwasch zu machen etc. obwohl er dabei vielleicht nutzlos wirkt.





In einer der Schlüsselszenen bekommt er Besuch von zwei Freundinnen seiner Frau. Die erste lädt er in sein chaotisches Wohnzimmer ein und bietet ihr Tee an. Die zweite kommt einige Minuten später. Er empfängt sie an der Haustür und lehnt freundlich ihre Hilfe beim Haushalt zu helfen ab. Als sie dabei ist zu gehen sieht sie die Schuhe der ersten Frau (Die Schuhe stehen zum Haus gerichtet) vor der Haustür und fragt ob er Besuch hat. Er bejaht und lächelt verlegen. Sie bückt sich und dreht die Schuhe wortlos um, sodass sie nun nach draußen gerichtet sind (damit der Gast in einer Bewegung in seine Schuhe einsteigen kann wenn er das Haus verlässt). Man kann die Erkenntnis des Mannes regelrecht berühren als er dieses kleine Detail, wahrscheinlich eine Alltäglichkeit im "Beruf" seiner Frau, sieht. Doch wird diese Erkenntnis nicht als großer Moment vermarktet, er ist für Naruse nur ein weiterer Stein in einer Reihe natürlicher Erfahrungen, welche Mann und Frau machen während sie getrennt von einander sind. Die einzige Romantik die man in Naruses Kino also finden kann, ist der letztendliche Besuch des Paares in einer Bar und das Trinken eines Biers. Ein Leben mit neuer Erkenntnis, zurück in die Situation die zuvor eingeengt hat, mit der Hoffnung nun ein Leben zusammen zu teilen anstatt dem anderen zu dienen.

Samstag, 20. Juli 2013

Melancholia (Lav Diaz, 2008)

"Because of sadness, there is cinema"

Regie, Drehbuch & Kamera - Lav Diaz
Erscheinungsjahr - 2008
Laufzeit - 450 Minuten


Die einzige Möglichkeit diesen betrübten Schmerz des Lebens mit samt dessen Verlusten loszuwerden, ist sich selbst zu verlieren. Die eigene Persönlichkeit komplett zu zerstören. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, da der Schmerz ewig teil dieser Existenz ist, eine Melancholie geboren aus der endlichen Existenz unserer begrenzten Möglichkeiten. Ihn loszuwerden fordert unser Ich. Und ist es doch gerade auch deshalb das dies Kino existiert, die Kunst. Weil die konstruierte Realität hilft. Doch bleibt auch sie nichts weiter als eine leblose Hülle. Eine Fassade die unsere Schwächen nur noch stärker nach außen präsentiert. Der Schmerz wird bleiben. Doch wer will ihn schon akzeptieren, verdrängen klingt einfach besser. Eine Implikation die nicht nur aus persönlicher Ebene dem Film seine enorme Wirkung verleiht (und seine Laufzeit rechtfertigt) sondern auch eine politische, welche gerade in solch einem Land wie den Philippinen Bände spricht. "I' not Julian".....

Montag, 15. Juli 2013

Le Soupirant ( Pierre Étaix, 1962)

"Will you marry me?"

Die Strapazen der Einsamkeit, auf dem Weg mit einer Zweisamen Welt in Verbindung zu treten. Ein Mann sitzt auf der Couch. Zwei Frauen umgeben ihn. Eine echt. Eine nur durch ein Fernsehgerät zu betrachten. Die Einsamkeit, hat nur Augen für das Bild, die Fantasie einer Frau und ihrer plastischen Romanik. Die aus Fleisch und Blut ist zu echt, repräsentiert etwas zu unkontrollierbares. Etwas das stört. Man möchte jubeln vor Freude, wenn es nicht so traurig wäre.












Etaix positioniert unsere Sympathiefigur, welche von seinen Eltern zur Heirat oder jedenfalls zur Brautschau aufgefordert wird, in Umgebungen die für seine zuvor eher zurückhaltende und mit sich beschäftigende Persönlichkeit in großem Kontrast steht. Im normalen dramaturgischen Verfahren, wäre nun die perfekte Ausgangssituation gegeben um durch dieses gegenübersetzen von Elementen, die ideale Projektionsfläche zu bauen welche Spannung, Humor oder etwaiges aus solch Situationen schöpfen kann. Den feinen Akzent den Etaix hier setzt ist dieser, das er uns nicht einfach in eine Stimmung versetzt welche man sehr oft damit beschreibt, das man nicht weiß ob man lachen oder weinen soll, also ein gewisses Auseinanderstellen dieser zwei Reaktionen. Ferner schafft er es beide zu überlappen. Man möchte weinen, gerade weil der Schmerz dieser Wahrheiten, welche hier in der verzweifelten Suche nach Gemeinsamkeit existieren, erlebt wird. Doch fällt es einfacher zu lachen, um den Schmerz verschwinden zu lassen. Wir lachen, weil wir ihn nicht ertragen können. Ein bedachter Humor den so nur die wenigsten Künstler erschaffen können. Dies findet dann alles seine endgültige Vollendung in der letzten Einstellung des Films, welche nicht nur die perfekte Ausformulierung der besprochenen Tragik ist, sondern auch Etaixs bestimmendes filmisches Wahrnehmungsgefühl mit seiner vollen Ausnutzung der Möglichkeiten des Bildraumes (Interessenverschiebung zwischen Vor-Mittel-Hintergund) ist.

Sonntag, 7. Juli 2013

Mahjong (Edward Yang, 1996)

"It's useless....It's useless!"

OT - Ma jiang
Regie & Drehbuch - Edward Yang
Kamera - Li Longyu, Li Yixu
Erscheinungsjahr - 1996
Laufzeit - 121 Minuten


Von solch Details wie dem kleinen Wohnzimmer des Vaters unseres Hauptprotagonisten, welches von den Beatles, einem NBA Poster und einer Amerikanischen Flagge geziert wird, bis hin zu solch offensichtlichen (aber immer noch mit einer natürlichen Beiläufigkeit ausgestatteten) Elementen, wie die Mitbewohner dieses Vaters welche sich aus diversen Nationalitäten zusammensetzen, Edward Yangs Reise durch die urbane Welt in der letzten Phase des Jahrhunderts ist wie gewohnt ein präziser Film über die komplizierten Umstände der Globalisierung seiner Stadt. Ein Treffpunkt der Klassen, Sprachen und Träume welcher sich in seiner kompetenten Konstruktion spielend einfach von Humor und Absurdität in eine alles ertränkenden Tragik verorten kann. Wobei man anmerken sollte das Yang hier, anders als in Taipei Story, The Terrorizers oder auch (mit Abstrichen) A Brighter Summer Day, uns in eine Neonblaue Welt der Zukunft entlässt, in welcher die ennui der Charaktere nicht vollkommen von der Unpersönlichkeit und den radikal vergrößerten Strukturen ihrer Umgebung verschluckt wird. Ein Ausblick mit Hoffnung in solch einer Welt, das mag man nun als Schritt vorwärts sehen oder als einen zurück. Persönlich muss ich sagen, das es Yang wohl geholfen hat, da er somit nun einen Ausgleich seiner früheren Ausführungen gefunden hat und somit für YiYi nun die perfekte Einheit seines Kinos finden konnte. So bleibt Mahjong ein weiterer integraler Anteil einer Filmographie, die sich bis zu ihrem Ende immer weiterentwickelt hat.

Freitag, 5. Juli 2013

Drug War (Johnnie To, 2012)

"I will help you to live."

OT - Du zhan
Regie - Johnnie To
Drehbuch - Wai Ka Fai, Yau Nai Hoi, Ryker Chan, Yu Xi
Kamera - Cheng Siu Keung
Erscheinungsjahr - 2012
Laufzeit - 107 Minuten


In vergleichsweise düsterer Tonart als in all seinen vorherigen Filmen, schreitet To mit seinem ersten wirklichen Genrefilm (jedenfalls für das welches er bekannt ist) in ein neues Jahrzehnt, ja gar in ein neues Land und stellt in der selben Bewegung so manch gewohnte Elemente des Genres auf den Kopf um dessen Grenzen einzufangen. Was Drug War ist, das bleibt das Bild. Doch wo man in vorherigen Filmen noch deutlich Sympathien haben durfte in der Darstellung seiner Gegenüberstellung zwei sich gegen setzenden Kräfte, so hat man hier nichts mehr zum festhalten. Weder Freund noch Feind darf sich in seinen Transgressionen sicher wägen und auf die Stilisierung seiner Taten hoffen, welche die eigentlich unmissverständliche Brachialgewalt (sei es nun die der Polizei oder die der Drogenhändler) einfach einer Zuschauerfreundlichen Revision der Tatsachen unterzieht. Ob Gut oder Böse, Freund oder Feind. Hier gibt es keine Erlösung. Dabei ist die Konsequenz dieser Durchführung der gravierendste unterschied zu anderen Filmen im Genre. To orchestriert hier einen Film voller klarer Linien und Formen, voller Versprechen und zugesagter Hilfe sowie der Flucht vor dem Tod und den eigenen Taten. Doch wenn all dies einen Riss bekommt. Wenn sich die Aussicht auf ein sicheres Ende in eine Einsicht verwandelt, die das optimale Entkommen nicht mehr versichern kann. Dann ziehen sich die zahlreichen Schichten des Menschen ab, ob Familie, Freunde, Menschlichkeit oder Logik. Und alles was bleibt ist der ureigene Sinn zum Überleben. Doch selbst hier lässt To keinen Raum für Romantisierung. Bei ihm wird dieser ureigene Sinn zur alles umschlingenden Gier und mündet in einer der trostlosesten Enden der jungen Filmgeschichte. Der Verlierer ist dabei der Zuschauer, denn nach so viel Leid und Tod gibt es hier keine Befreiung der angestauten Emotionen. Die letztendliche Bestrafung des Menschen der so viel Grauen angerichtet hat verkommt zu dem simplen Akt des drücken eines Knopfes.
Ein Leben endet, der Atem schwindet. Blende ins Schwarze. Drug War. Johnnie To. Verbrannte Erde...