Donnerstag, 2. Februar 2012

Damnation (Bela Tarr, 1988)

"They want me to watch the pityful efforts everyone makes in trying to speak"

OT - Kárhozat
Regie - Bela Tarr
Drehbuch - Bela Tarr, László Krasznahorkai
Kamera - Gábor Medvigy
Erscheinungsjahr - 1988
Laufzeit 116 Minuten




Das Leben ist ein Moloch. Ein Biest mit tausend Masken. Ein Abgrund der nicht etwa darauf wartet das man hineinfällt sondern nur auf den goldenen Moment aus ist in welchem man in ihn hineinsieht. Den fallen tun wir alle. Daran wird sich nie etwas ändern. Der Schrei mag vielleicht über die Zeit weg verhallen, ändern tut sich aber nichts.Wir sehen uns an und sehen nichts weiter als die Tiefen. Die Dunkelheit welche um uns tanzt. Tag ein Tag aus. Sie umhüllt uns mit Regen und badet uns im Schlamm von Mutter Erde. Die Verdammnis. Sie ist ein trickreiches Monster, nein ein Engel. Etwas von beidem. Sie stellt uns vor die Hoffnungslosigkeit unserer Existenz, vor unser ach so schnellen und absoluten Endlichkeit. Und Warum? Ja warum denn eigentlich? Darum!



Es wäre ungerecht Bela Tarrs insgesamt fünften Film in seiner Karriere als reines Übergangs Werk zu beschreiben. Falsch aber natürlich auch nicht. So waren Filme wie Almanac of Fall oder Family Nest doch hauptsächlich Filme des sozialen Realismus. Filme eher dokumentarischer Natur mit Fokus auf familiärem Drama. So gesehen ist es also legitim Damnation als Übergangsfilm zu bezeichnen. Ist es doch sein erstes Werk in welchem er seine kontemplative Ader sowie seinen distinktivem Stil welcher sich von fortan durch die späteren Filme brannte kreierte. Doch impliziert die Phrase "Übergangs-Film" etwas noch nicht fertiges, etwas in sich noch nicht gereiftes aber auf langfristige Sicht beginnendes. Eben etwas welches den Übergang zu etwas anderem ebnet aber selbst noch nicht vollwertig scheint sondern zwischen zwei Stühlen festsitzt. Dies ist Damnation aber nicht, was es neben ein paar anderen Aspekten auch zu so einem besonderen Film macht. Was Bela Tarr hier in ganz natürlicher Steigerung seiner langsam entfalteten Tendenzen als Künstler und seinen damit zusammen hängenden Intention mit Damnation geschaffen hat ist nämlich eine schon längst komplette und vollwertige Vision. Sich selbst und seinem dargestellten Universum sowie dessen Fragilität  bewusst. Ein formschönes Porträt einer individuellen-sozialen Sorge umgewandelt in die kosmische Tragik des Mensch Sein. Und der damit zusammenhängenden langsamen Desintegration von sich selbst und anderen in der Angst und der Furcht die Hoffnungslosigkeit nicht zu besiegen welche einem immer wieder begegnet.



Tarr, und dies ist eines der großen Unterschiede zu seinen früheren Filmen, zeigt uns seine Welt nun in minimalistischer aber nichtsdestotrotz durchaus behutsam ästhetischen Bilder. Er benutzt so oft es geht Weitwinkelobjektive und macht Gebrauch von, stets durch komponierter, Schärfentiefe um in Verbindung mit seinen langen Einstellungen uns nicht nur ein Gefühl für die Personen oder der verstrichenen (filmischen) Zeit zu geben sondern auch für den Raum in welchem all dies passiert. Dadurch kreiert er wie sein großes Vorbild Jancso, eine dichte räumliche und zeitliche Verbindung in seinen Szenen. Dies soll nicht bedeuten das dadurch keine Perspektive aufgezwungen wird in Damnation, wie gesagt Realismus ist das hier nicht mehr. Tarr obwohl er uns in seinen Szenen die Freiheit der Wahrnehmung lässt und so wenig es geht auf Manipulatives verschieben umsteigt hat trotzdem seine künstlerische Kontrolle stets in der Hand und bildet mit ihr eine Art Rahmen aus der weder wir noch das dargestellte entkommen kann. So soll das aber auch sein.







Damnation ist konkret. Ist eindeutig. Hier gibt es nichts zu interpretieren. So jedenfalls Bela selbst über seine Filme ab Damnation welche diesen oben leicht angesprochenen Stil besitzen. Dies scheint schwer zu verstehen und anzuerkennen wenn man seine Filme sieht. Gibt es doch so viel doppeldeutiges was doch eigentlich etwas ganz anderes bedeuten könnte. Dabei hat Tarr aber recht, hier gibt es kein entweder - oder - vielleicht - wahrscheinlich. Wir sind es nur nicht gewohnt solch Stille, solch banaler Ehrlichkeit von Angesicht zu Angesicht entgegenzutreten und sie als einfach genau das zu akzeptieren. Wenn der Hauptcharakter am Ende ziellos durch den Schlamm streift, zufällig einen streunenden Hund sieht und auf alle vier herunter geht um ihn anzubellen dann ist das keine Metapher oder sonst etwas. Es ist einfach das was da zu sehen ist. Ein Mann auf allen Vieren in Schlamm. Unser Kopf will da dann immer den schlauen spielen und Assoziationen setzten zu etwas größerem, etwas außer filmischen. Er will sich selbst um Kopf und Kragen reden und Jenseits von all der intellektuellen Obszönität nicht wahr haben das das was vor ihm steht auch genau das ist und gerade deswegen so Wertvoll sein sollte.

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