Dienstag, 13. Dezember 2011

The River (Tsai Ming-liang, 1997)

"My neck..."

OT - He liu
Regie & Drehbuch - Tsai Ming-liang
Kamera - Liao Pen-jung
Erscheinungsjahr - 1997
Laufzeit - 115 Minuten



Zu Beginn des Film trifft Hsiao-kang auf eine Freundin die er, wie wir in dem kurz darauf folgende Gespräch zwischen den beiden erfahren, seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hat. Sie ist momentan Assistentin bei einem Filmdreh und lädt Hsiao prompt ein mit ihr zu genau diesem zu kommen. Um ein wenig in der pur visuellen Erzähl Form des Tsai Ming-liang zu schwelgen welche in seiner Gesamtheit, wie Roger Ebert es schön sagte ein Querschnitt zwischen Ozu, Bresson, Antonioni, Tati und Keaton ist muss man sich nur mal diese eine Eröffnungsszene und den darauf folgenden Besuch bei dem besagten Filmdreh näher ansehen. Der Film startet und wir sehen zwei nebeneinander liegende Rolltreppen. Die rechte fährt nach oben. Die linke daneben nach unten. Ganz normal eben, nichts besonderes. Nun aber lässt Tsai nach ein paar Sekunden des betrachten dieser Rolltreppen seine Akteure in dieses Umgebung ein. Das Mädchen kommt von oben links ins Bild und geht auf die Rolltreppe welche sie nach unten befördert. Im selben Moment fährt von unten herauf Hsiao-kang. Er fährt nach oben, sie nach unten, beide sich entgegen. Doch erkennen tun sie sich als sie sich entgegen kommen nicht, es ist nur ein kleiner Blick beim treffen der beiden auf gleicher Höhe welcher das Mädchen stutzig macht und sie umdrehen lässt. Sie ruft Hsiaos Name und dieser dreht sich um und erkennt sie nun auch. Nun bewegen sich beide aber in entgegengesetzter Richtung voneinander weg. Es ist solch ein Bild in welchem Tsai die Umgebende moderne Architektur mitsamt allen Objekten zu seinem Vorteil formt und anordnet um die stetige Entzweiung und Isolierung der menschlichen Emotionen zu visualisieren. Und das ist das Ausrufezeichen bei dem Kino des Tsai Ming-liang. Er visualisiert aber das ohne zu viel durch Schnitte zu kommentieren, dies will er dem Zuschauer überlassen. Das besondere aber daran ist weiterhin das ein Tsai nie bedeutungsvoller und wichtiger erscheinen will als es ihm lieb ist, in allem was er macht steckt eine Komik die man so nie erwarten würde. Als beide Seelen sich nun nämlich erkannt haben rast das Mädchen so schnell wie möglich nach unten um die Rolltreppe nach oben zu nehmen währen Hsiao versucht nach unten zu laufen nur um zu merken das die Rolltreppe, welche ja nicht aufhört nach oben zu fahren, ihn immer wieder mitzieht und er nun auf einer stelle wie ein Hampelmann rennt ohne in eine Richtung zu gelangen. Dies ist aber nur eine von mehreren Szenen in der sich die Komik in einen Film schleicht bei dem es so eigentlich so gar nichts zu lachen gibt. Das dies Tsai aber nicht viel kümmert ist vielleicht mit eine seiner größten Stärken, das er inmitten all der Depression, Verstörtheit und Menschlichen Verwesung nie seinen Sinn für Humor verliert. Das schaffen nicht viele. Nun aber zur zweiten Szene, dem Filmdreh. Wir werden Zeuge wie eine Filmcrew an einem Kanal eine eigentlich einfache Szene drehen will. Eine Leiche soll im Wasser umher schwimmen. Das ist alles. Nur haben sie nur einen steifen Dummy parat welcher egal wie oft sie ihn ins Wasser schmeißen und egal wie sehr sie ihn mit Dreck einreiben nicht wirklich das Ergebnis bringt welches die Regisseuren will. Bei solch Krisen ist es natürlich immer gut einfach mal eine Pause einzulegen was dann auch gemacht wird. Während dieser Pause aber trifft die Regisseurin den nun anwesenden Hsiao. Dieser wird von ihr überredet, obwohl das Wasser wie er sagt ja ganz schön dreckig sei, die besagte Leiche zu spielen. Umringt von der Kamera, Beleuchtung, Regisseurin, Filmteam und Schaulustigen steigt er also ins dreckige Wasser. ACTION. Der Mensch als ziellos umher treibende Leiche umgeben voller Dreck. Unbezahlbar Lustig! Unbezahlbar Ernüchternd! Das Kino des Tsai Ming-liang. Eine einzigartig Erfahrung, immer und immer wieder.

Keine Kommentare: