Montag, 30. April 2012

Hukkle (György Palf,2002

"..."


Regie & Drehbuch - György Pálfi
Kamera - Gergely Pohárnok
Erscheinungsjahr - 2002
Laufzeit - 78 Minuten


Hukkle, die Abschlussarbeit des nun unter Bela Tarrs fleißig produzierenden Händen arbeitenden György Pálfi, ist mit kurzen Worten beschrieben wohl Kino in Reinkultur. Die einzigen Informationsquellen zu welcher man als Zuschauer Zutritt hat sind die visuell und akustisch Wahrnehmbare. Wobei der akustisch Teil nebenbei bemerkt hier nur auf Klänge, Geräusche und die zahlreichen namensgebenden hiccups eines alten Mannes reduziert ist. Gesprochen wird in dem gefilmten Dörfchen, zu meiner persönlichen Freude, nämlich nur wenig bis gar nicht. Dies hat zur Aufgabe das man sich mehr auf die Nuancen der expressionistischen Bilder und dessen fein ausgearbeiteter Klangkulisse konzentriert. Denn in all der Dorfidylle ist anscheinend doch etwas faul im Staate Ungarn. In meiner anfänglichen Recherche, als ich über Hukkle stolperte, erfuhr ich nämlich z.B. schnell das es einen sehr subtil eingebrachten subplot gibt über einen Mord(e) welchen man aber durchaus in all der einnehmenden morbid-humoristischen Stimmung und filmischem wohl-sein leicht übersehen kann. Doch selbst mit diesem Wissen und meiner, eigentlich stark ausgeprägten, Observationsgabe erkannte ich diesen beim sehen erst als er schon vorbei war. Eine Tatsache die nun nach beliebe interpretierbar ist. Hukkle ist ein Film so voller Details, kommuniziert einzig und allein durch simpelste filmische Mittel, das man in der Authentizität der Stimmungen in welche er einen versetzt schnell vergisst einem rote Faden mal zu folgen wenn er denn, so fein dieser auch sein mag, auftaucht.

Sonntag, 15. April 2012

Shame (Stee McQueen, 2011)

"Actions speak louder than words."

Regie - Steve McQueen
Drehbuch - Steve McQueen und Abi Morgan
Kamera - Sean Bobbitt
Erscheinungsjahr - 2011
Laufzeit - 99 Minuten


Es ist vor allem jetzt in retrospektive nicht wirklich so tragisch das McQueen selten sein gegebenes technisches Verständnis benutzt um durch dies seiner Form des Filmes mehr als nur Oberflächliches Abgrasen abzuverlangen. Ist es doch im Sinne der Figur und des Filmes wenn das innere verschlüsselt bleibt. Der Protagonist des Filmes ist keiner von emotionaler Leere getrieben in dem sozial verwaschenen Strom aus post-modernem unterkühlten Yuppie Dasein. Der Film scheint dahin gehend klar zu argumentieren. Brandon, unser Hauptmann mit dem Schwengel, besitzt sie diese absurde Bürde namens Emotion. Diese Schande. Doch hat er gut getan sie weitestgehend all die Jahre verschlossen zu halten. In einer sehr aussagekräftigen Szene im Film als er seiner kleinen Schwester beim Singen zuhört weißt sein Gesicht natürlich keine Spur von Gefühl auf, und das obgleich die kleine doch sehr gefühlvoll vor sich her trällert. Doch entblößen wie so oft die Augen, als Kanal in die Seele, schnell und mit subtiler Schärfe was sein inneres in diesem Augenblick versucht. Es versucht mit allen Mitteln die aufkeimenden Gefühle im selbigen Moment zu ersticken, zu verdrängen. Sie herunter schlucken und verschließen. Shame ist dann so gesehen nicht wirklich psychologisches Kino da die Motivationen und Verhaltensweisen samt des inneren Treiben des Hauptcharakters, obwohl vom Film nie wirklich direkt ausgesprochen, trotzdem recht unmittelbar und klar sind. Dies stellt im großen aber für mich nur ein geringes Problem dar da das was man sieht von eindringlicher Intensität ist welches ein Wesen zeigt dessen Fähigkeit der ehrlichen und aufrichtigen Expression sich nach all den Jahren der selbst verschuldeten seelische Unterdrückung nur noch im sexuellen Treiben äußern kann. 

Dienstag, 10. April 2012

Just an image #3

A Bloody Spear at Mount Fuji (Tomu Uchida, 1955)


Sonntag, 8. April 2012

Wozu denn über diese Leute einen Film? (Thomas Heise, 1980)

"Wann habt ihr das erste mal mit der Polizei zu tun gehabt?"

Regie - Thomas Heise
Erscheinungsjahr - 1980
Laufzeit - 33 Minuten


Der Titel des Filmes fragt es schon richtig. Warum denn über DIESE Leute einen Film? Diese sind hier zwei Kleinkriminelle aus der Knaackstraße in Berlin Prenzlauer-Berg die mit ihrer Mutter an den Osterfeiertagen zu Kaffee und Kuchen über ihre zahlreichen Eskapaden und Besuche bei der Polizei erzählen. Es war die "Selbstverständlichkeit mit der [die Jungen] jenseits aller Ideologien lebten" welche DIESE Leute für Thomas Heise interessant genug machten um seinen ersten wirklichen Dokumentarfilm in seinem Studium über sie zu drehen. Ein Studium welches bald danach abgebrochen wurde da das Thema und die recht offene Inszenierung auf Unverständnis bei seinen Kommilitonen und Dozenten stoß. Wie konnte Heise es wagen solch Leute zu beobachten und in ihrem Alltag zu verfolgen, solch offensichtlich mit ihrer Kriminalität zufriedenen Personen? Und dann noch ohne wirkliche filmische Stellungnahme oder artistische Verurteilung? So ganz offen eben. Reaktionen die dazu führten das der Film in der HFF Potsdam bis '89 eingelagert blieb. Lächerlich kann man heute sagen wenn man den Film sich nun ansieht mit dem Wissen das heute alles ja noch schlimmer ist. Doch gelang es Heise nichtsdestotrotz damals mit seiner ehrlichen Herangehensweise an ein solch verschandenes Sujet zu zeigen das auch SOLCHE Leute teil der Gesellschaft sind. Teile welche es auch zu untersuchen gilt mit der Kamera. Mit dem Kino. Und das kennt eben (rein hypothetisch) keine Moral, die muss der Zuschauer sich schon selbst bilden. Oder?

Mittwoch, 4. April 2012

American Dreams (James Benning, 1984)

"...."

Regie - James Benning
Erscheinungsjahr - 1984
Laufzeit - 58 Minuten



Mit American Dreams zerrt Benning an unserer filmischen Wahrnehmung. Er  brich die erwarteten Strukturen eines Films. Er reißt Bild, Ton und Text auseinander und präsentiert sie uns nur verbunden mit einem höheren Kontext auf dem Bildschirm für uns zum überfordern. Am unteren Bildschirmrand läuft ununterbrochen Text. Anfangs mutet das geschriebene wie willkürlich ausgewählter Unsinn aus, wenn man es denn entziffern kann. Doch mit der Zeit wird einem klar das es sich wohl um eine Art Tagebuches eines Mannes handelt. Es sind Zeilen und Passagen aus dem Tagebuches von Arthur Bremer welcher '72 versuchte den US Demokraten und Präsidentschaftskandidat George Wallace zu ermorden. Im Hintergrund beschallt Benning uns mit Audioausschnitten wechselnd zwischen Pop Songs, Interviews sowie Reden von großen und populären Persönlichkeiten. Alles von Nixon bis Elvis ist vertreten. Alles zwischen 1954 und 1976. Wieso von '54 bis '76? Nun da kommt man nun zu der letzten Komponente von Bennnigs Film. Wissen wir nun zwar was es zu hören und zu lesen gibt, aber was ist mit dem sehen? Was ist mit dem Rest des Bildschirmes wenn die Auszüge aus Bremers Tagebuch nur am unteren Rand vorbeilaufen wie im Ticker? Dort zeigt uns Benning nichts anderes als Teile seiner Hank Aaron Kollektion. Wer ist das?  Hank Aaron war Baseballspieler und wir bekommen nun alles von Baseballkarten, Postkarten, Stickern oder Ansteckern zu sehen, immer aus verschiedenen Perspektiven, die dessen Gesicht tragen. Ein Gesicht welches wegen seiner Farbe in dem Sport für Wirbel sorgte und noch heute eines der populärsten in diesem für die Amerikaner so unterhaltsamen Spiel ist. Und wer nun weiß in von wann bis wann Aarons Karriere in der großen Baseball Liga war der hat gut aufgepasst. Von genau '54 bis '76. Doch sind dies alles Informationen und daraus entstehende kulturelle und politische Verbindungen zwischen den einzelnen Einheiten welche man wenn man kein Profi in dem jeweiligen Bereich ist nicht hat während des Sehens. Ist dies aber auch nicht notwendig. Während der Laufzeit wird man bald merken das man von der Fülle an aufgedrängten Reizen nicht klar kommen wird. Soll man lesen? Soll man sehen? Soll man hören? So Konzentriert man sich irgendwann nur auf eine Komponente des Films und springt immer wieder zwischen ihnen hin und her. So verknüpfen sich die Soundschnipsel, die Tagebuch Passagen und die Sammlerstücke irgendwann zu einer eigenen Amerikanischen Traumgeschichte im Kopf des Zuschauers, da es fast unmöglich erscheint seine Augen und seine Ohren auf alle Bereiche zu richten. Schon damals ganz der Strukturalist interessiert Benning sich also nicht für die einzelnen Teile des Films, für die einzelnen Bausteine und dessen Sinn und Zweck sondern für ihre Verbindung zueinander.

Sonntag, 1. April 2012

Along the Railway (Du Haibin, 2000)

"My mother told me that was the first time she was beaten..."

Regisseur & Kamera - Du Haibin
Erscheinungsjahr - 2000
Laufzeit - 100 Minuten



Ein junger Bub, nicht älter als 14, sitzt am Rande eines Bahngleises. Er ist einer von vielen Obdachlosen die in diesem Areal "wohnen". Regisseur Du Haibin, welcher mit seiner Videokamera durch diese Gegend streift um mit diesen Personen zu reden, sitzt vor ihm und hört ihm zu. Der junge Mann hat das verlangen zu reden. Nicht über irgend etwas triviales sondern sehr persönliche Details werden dargelegt. Er erzählt von seinem Vater, dessen drei Ehen, von seiner Mutter, von aggressiven Tendenzen des Vaters gegenüber den Frauen. Er erzählt wie er abgehauen ist von zu Hause. Er gibt der Kamera ein wichtigen Teil seines Lebens preis, einen der nicht wirklich leicht zu sein scheint aber trotzdem nach außen getragen werden muss. Mitten in dem Gespräch nähert sich auf einmal ein Zug. Einer von diesen langen Güterwagons. Er rattert vorbei mit tosendem Lärm. Der junge Mann hält inne weiß er doch das er gegen diesen Lärm nicht angekommen kann. So sitzen die Kamera vor dem junge Mann und beide warten. Es ist ein langer Zug. Eine lange Pause. Eine Pause mit dessen verlorener Zeit Du Haiban ganz unverhofft eine Sequenz auf Bild hält die von solch unglaublicher ekstatischer Wahrheit ist. Es ist einer dieser Momente, welchem man im neuen Chinesischem Dokumentarfilm oft begegnet, welchen man als aufgefangene transzendente Alltäglichkeit bezeichnen kann. Der Zug fährt, überschattet und unterdrückt das Individuum mit seine komplexen Gefühle und Erinnerungen und der Mensch kann nicht anders als warten und zuschauen. Zuschauen wie diese Maschinerie an ihm vorbeifährt und ihm bald endlich wieder den Atem für seine Worte zurück gibt. Um ihn herum bewegt es sich in für ihn nicht greifbarer Geschwindigkeit doch er kann nichts weiter machen als inne halten, anhalten. Doch es ist ein langer Zug. Ein langer Moment. Eine lange Pause. Eine die im Gedächtnis bleibt.