Mittwoch, 9. Januar 2013

Vielleicht lieber Morgen (Stephen Chbosky, 2012)

"We accept the love we think we deserve.”

OT - The Perks of Being a Wallflower
Regie & Drehbuch - Stephen Chbosky
Kamera - Andrew Dunn
Erscheinungsjahr - 2012
Laufzeit - 103 Minuten


Der häufigste Kritikpunkt dem sich der Film gegenübergestellt sieht ist die Tatsache das er sich zu oft in Klischees verläuft. Nun ist es recht kurzsichtig wie ich finde einem Film vorzuwerfen er bedient sich bei gängigen Mustern aus seinem Genre. Das einsetzten dieser mag ihn zwar nicht - wenn er sie nicht gerade hinterfragt, im Nachhinein neu auszulegen weiß oder gar in ihnen das Fünkchen Realität findet auf welchem sie basieren- zu einem Ausnahmefilm machen (was immer das auch sein mag) doch ist dies auch zu weiten Teilen ein Teil der Existenzgrundlage des Genres. Das muss nicht gefallen aber einem Coming-of-age Film mit Teenagern, der sich an Klischees bedient genau dieses vorzuwerfen, wo doch so vieles in der Jugend mit Abstand gesehen nur ein einiges Klischee ist, ist schlechtes Kino. Da dies jetzt gesagt ist muss ich nun zugeben das es aber genau die Klischees waren welche mir die größten Probleme bereitet haben in einem eigentlich guten Film. Das mag nach meiner anfänglichen Verteidigung recht Paradox klingen aber ich hab meine Gründe.

Vielleicht lieber Morgen hat bei mir oft negative Reaktionen hervorgerufen da er gerne mit den typischen Mustern einer Highschool Romanze spielt. Das fängt bei dem Mauerblümchen an das sich in eine Schönheit verliebt, geht über die Einsamkeit und deplatzierten Gefühle selbiges Mauerblümchen in seiner neuen Schulphase sowie dem immer auftauchende Schultanz bis hin zum peinlichen Kuss welcher den neu gefundenen Freundeskreis zum Opfer hat. Der Film hat sie nicht alle, aber er vereinnahmt doch viele dieser Momente die in ihrer plumpen Manipulation mich in meiner Liebe zum Kino und ihrer Möglichkeiten nicht selten einfach nur ärgern. Das spannende an dem Film ist aber das diese Klischees eben doch eine Bestimmung haben. Der Film (oder besser gesagt der Hauptcharakter aus dessen Sicht wir den Film erleben) hat einen dunklen Kern den er oft in subtilen und fragmentarisch durchlebten Momenten preisgibt. Es schlummert etwas dicht an der Oberfläche des Mauerblümchens. Wir werden bis zum Ende des Films nicht genau wissen was es ist aber der Film schafft es gut diese Ambiguität in den Emotionen der Hauptfigur durch kleine Akzente und Details im Verhalten von ihm selbst sowie den Personen in seinem familiären Umfeld zu signalisieren. Dahingehend spielen dann nämlich nun auch die Klischees ihre Rolle. Der Junge hat irgend eine Art Trauma erlitten, die Klischees fungieren dann so das sie seine Unfähigkeit richtig mit der ihm neu gefundenen Welt umzugehen auf eine bestimmte Art versuchen widerzuspiegeln. Die Narbe unter seiner Haut blutet also weiterhin durch um es mal ganz poetisch zu sagen. So eine Art umgekehrtes hedgehog's dilemma also. Er hat zwar nämlich keine Angst davor sich anderen Personen zu nähern (obwohl er natürlich eine gewisse Schüchternheit an den Tag legt) doch je näher er diesen Personen kommt desto tiefer stechen die Stachel bei ihm nach innen hinein und lassen irgendwann etwas platzen was tief in ihm verborgen lag. Aus dieser Sicht gefällt mir der Film sehr gut, er hat Herz und Hirn um das Traumata des Jungen mit der nötigen Intimität und Sensibilität zu behandeln was speziell in den Szenen am Ende des Films positiv auffällt.

Das Problem was dann aber für mich auf der anderen Seite aufkommt ist das die Klischees, obwohl sie rein theoretisch ihren Sinn erfüllen, sich in letzter Konsequenz leider auch wie solche anfühlen. Der Film ist kein Formalistisch stark auffallendes Werk, er funktioniert eher über die Charaktere und dessen Gefühlslage. Da wird es dann für mich problematisch wenn der Film es nicht schafft die Klischees des Genres (von welchem ich sowieso eigentlich kein Fan bin) und dessen eigentliche Intention wirklich passend in die authentische Gefühlswelt der gut spielenden Schauspieler und ihrer Welt einzubringen. Vieles bleibt zu flach und einfach in seiner Umsetzung und Gestaltung ohne wirklich die tragische Spannweite der eigentlichen Geschichte zu Respektieren. Das hat mich dann daran gehindert wirklich ein persönlichen Zugang zu finden. Wenn ein nettes Mädchen auf einmal zur Klette degradiert wird weil sie nicht die große Liebe des Hauptcharakters ist dann mag das logisch erschienen da der Film aus dessen Perspektive spielt entzieht sich dann so aber fast schon feige selbst der Verantwortung gegenüber der Charaktere und raubt den Figuren die Intimität und Nähe welche so oft versuch wird aufzubauen. All das mach den Film für mich zu einem durch und durch schwierigen Film. Schwierig weil ich ihn auf der einen Seite so gut finde und er aber auf der anderen Seite mir so viel Ärger bereitet. Momentan tendiere ich aber (mit etwas wohlwollen) mehr zur positiven Seite des Filmes da dort einiges interessantes zu finden war und der Film sich traute in dunkle Wasser abzutauschen ohne nur an der Oberfläche zu kratzen.

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