Dienstag, 8. Mai 2012

The World (Jia Zhangke, 2004)

"Got some Band-Aids?"

OT - Shijie
Regie & Drehbuch - Jia Zhangke
Kamera - Nelson Yu Lik-wai
Erscheinungsjahr - 2004
Laufzeit - 138 Minuten




The World hat einen besonderen Standpunkt in der Karriere von Jia Zhangke. Es ist der erste Film für den er eine offizielle Genehmigung von dem Chinesischen Filmbüro bekommen hat. Dies war vor allem für ihn sehr wichtig da er den Film nun auf den großen Leinwänden des Landes zeigen konnte. Nun mag man durchaus denken das das erhalten dieser Genehmigung die Integrität des Regisseurs gekostet hat. Eine begründete Angst die von dem Film aber schnell als haltlos offenbart wird. Schon in der ersten Szene, arrangiert als lange kontinuierliche Einstellung, zeigt uns Jia das er für The World seinen Realismus nicht verloren hat. Die Kamera folgt einer Frau gekleidet in einem orientalische Anmutendem grünen Kleid durch einen langen Korridor. Von allen Seiten hört man hektisches Getümmel. Eine große Show steht an und wir befinden uns hinter den Kulissen. Die Frau in grün läuft und ruft ununterbrochen ob den jemand ein Pflaster hat. Ein Pflaster. Nur eins. Ein Königreich für ein Pflaster. Sie biegt in die erste Umkleide ab und fragt, doch keiner kann ihr Verlangen befriedigen. Bis sie von irgendwo dann endlich ein Ja hört. Die Frau weiß wer da gerade geantwortet hat, man kennt sich ja, und bekommt endlich von einer Kollegin ihr heißersehntes Pflaster. Sie lässt sich auf dem erstbesten freien Stuhl nieder um es zu entpacken. Um sie herum ist aber eine Umkleide voller komisch gekleideter Personen die sich anziehen. Oder es jedenfalls versuchen, so stürmt nämlich sofort eine ihrer Freundinnen auf sie zu noch bevor das Pflaster seinen rechtmäßigen Platz am Körper der grün gekleideten Frau finden konnte. Ihr Kleid geht nicht zu. Der Reißverschluss klemme. Dabei fängt das große Spektakel doch gleich an. So wird also versucht mit aller Gewalt diesen Reißverschluss endlich zu entklemmen, ohne Erfolg. Doch die Zeit wird knapp, die Organisationsleiterin steht schon in der Umkleide und scheucht die anwesenden raus auf die Bühne. Die Show fängt doch jetzt an. In letzter Sekunde also holt unsrer grüne Frau eine Sicherheitsnadel und schließt mit ihr das Kleid einfach provisorisch zu. Fertig. Das Mädchen rennt glücklich raus. Nun ist auf einmal ruhe. Alle sind weg. Die Frau im grünen Kleid setzt sich auf eine Stuhl und nun sehen wir auch wo das Pflaster hinkommt, was ihr denn so Schmerzen bereitet hat das sie unbedingt ein Pflaster wollte - Die Füße. Ein Bild so einfach wie aussagekräftig. Entwicklung durch Offenbarung also. Oder so ähnlich. Jias Hang zum Realismus, zum realen Realismus welcher seine vorherigen Filme auszeichnete, ist auch hier schon in der ersten Einstellung, in dieser ersten Szene gut sichtbar und bietet uns zudem einen guten Einblick in die ineinandergreifende Struktur des Ortes in welchem der restliche Film spielen wird. Eine "Welt-Park" in welchem man nur fünf Minuten laufen muss um vom Eiffelturm zu den Pyramiden in Gizeh zu kommen. Eine Welt also, auf kleinsten Raum nur durch Metropolen gekennzeichnet, in welcher trotz all der kulturell dargestellten Unterschiede und fast lebensgroß nachgestellten Wahrzeichen die soziale Komponente der Personen die in diesem Park arbeiten, der Menschen also, am wichtigsten und zentralsten ist. Kino als Fenster zur Welt, in der Welt.

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