" I'd really hide my tears and pretend to be happy."
OT - Er shi si cheng ji
Regisseur - Jia Zhangke
Regisseur - Jia Zhangke
Drehbuch - Jia Zhangke & Yongming Zhai
Kamera - Wang Yu, Nelson Yu Lik-wai
Erscheinungsjahr - 2008
Laufzeit - 112 Minuten
Fünf mal Realität. Vier mal Fiktion. In 24 City kommt Jia Zhangke dem Wesen der Erinnerung und der Geschichte seiner Nation und auch dem Wesen der Geschichte als Vergangenheit Rekonstruierendes Werkzeug generell, näher als je zuvor. Was anfing ein "normaler" Dokumentarfilm zu werden über eine staatliche Fabrik, dessen Sinn die Herstellung von diversen Flugzeugkomponenten oder Rüstungsgegenständen ist und welche nun platz machen muss für einen eleganten und modernen Apartmentkomplex wurde nach einiger Zeit in der Produktion zu etwas deutlich größerem. Die eigentliche Intention war es mehrere Personen zu Interviewen die allesamt persönliche Geschichten über ihre Zeit und Erlebnisse in dieser Fabrik wiedergeben durften. Verständnis halber sei angemerkt das zu der "Fabrik 420" auch eine eigene Arbeitersiedlung gehörte mit Wohnungen sowie einer Schule, einem Kino oder zum Beispiel auch einem Schwimmbad. So gesehen geht mit der Rüstungsfabrik 420 also auch eine kleine Stadt, dessen Menschen nicht wirklich zum Klientel der bald heraufgezogenen Apartments gehören. Dies war die Grundidee welche durch das Thema allein schon Stoff für einige interessante Fragen bezüglich der stetigen Globalisierung Chinas und dessen dazugehörigen Opfer stellte. Doch Jia wurde nach einigen Interviews etwas bewusst, etwas fehlte, etwas wichtiges. Fiktion. Ihm wurde klar das er den Film nicht nur mit realen Nacherzählungen füllen konnte um die für ihn wichtige Auseinandersetzung mit Erinnerungen und Geschichte wirklich wahrhaftig im Film wiederzugeben. Für ihn besteht Geschichte nämlich nicht nur aus dem Realen sondern auch aus der Fiktion, der Vermischung beider. Man erinnere sich nur an Masaki Kobayashis exzellenten Film Harakiri aus dem Jahre 1962 um dieses Empfindung zu verstehen.
So entschied Jia sich also den Film aufzuteilen, er zeigt uns auf der einen Seite reale Arbeiter mit realen Geschichten und auf der anderen Seite erfundene Geschichten erzählt von Schauspielern. Was davon nun wahr und falsch ist bleibt uns zu überlassen da er dies nicht ankündigt. Wäre man sich der Tatsache z.B. nicht mal bewusst würde man dank der authentischen Darstellung der Personen gar nicht erkennen das hier überhaupt was nicht der Wahrheit entspricht sondern ein Teil der Fantasie des Regisseurs entsprungen ist, was für den Film spricht. Mit dem Wissen, welches spätestens dann kommt wenn man Jias Muse, Zhao Tao, welche auch in all seinen anderen Filmen mitspielte, zu Gesicht bekommt wird "24 City" zu einem nicht nur sehr aufwühlendem Werk aufgrund der persönlichen Schicksale der Personen sondern auch ein enorm Stimulierendes. In typischer talking heads Mode sitzen nämlich neun Menschen vor der Kamera und erzählen, meistens tragisches und für jene Leute existenziell äußerst erschütterndes. Doch sie sitzen nur und erzählen und erzählen und zwischen den Interviews gibt uns Jia Bilder der "Rüstungsfabrik 420" und dessen unerbittliches dahinscheiden sowie Bilder der nun aus der Asche dieser Erinnerung heraus entstehenden Apartments. Und inmitten all des Erzählens wird man sich langsam eines Spruches bewusst welches lautet "show, don't tell" und man mag sich fragen was es bringt für Minuten nur einer Person beim Reden zuzusehen. Das ist doch nicht Film? Oder? Naja, Film ist alles, da gibt es keine Limitationen. Denn wie Bordwell einst sehr gut argumentierte das zwar dies zeigen-aber-nicht-erzählen meistens der Richtige Weg sei in diesem Medium es manchmal auch eine große Wirkung durch das "show the telling" entstehen kann in den Richtigen Händen. Zeige das erzählen. So sind die Geschichten doch zu innig und tiefempfundene, egal ob Real oder Fiktion oder mit dramatischem oder realistischem Ton, als das man sie rekonstruieren sollte. So ist 24 City in letzter Konsequenz nicht nur ein enorm menschlicher Film sondern auch ein Film über Film und dessen suggestiver Fähigkeit Erinnerungen für uns sichtbar zu machen ohne die eigentlichen Bilder zu ihnen versuchen wiederzugeben um somit die Wahrheit der Erfahrungen akkurater darzustellen.
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