"But it's under water!"
OT - Sanxia haoren
Regie - Jia Zhangke
Drehbuch - Jia Zhangke, Na Guan, Jiamin Sun
Kamera - Nelson Yu Lik-wai
Erscheinungsjahr - 2006
Laufzeit - 111 Minuten
Mehr als 4 Millionen Menschen wurden bis 2008 umgesiedelt aufgrund der Flutung von einem mehr als 600 Kilometer langem Reservoir. Alles für das Megaprojekt der Drei-Schluchten-Talsperre. Ein gigantischer Staudamm welcher enorm viel Energie herstellt und dafür sorgt das, vor allem in dieser Region, häufige Überflutungen und dessen Schäden zu minimieren. Zwei sehr positive Eigenschaften. So hat China also etwas wertvolles gewonnen mit dem Bau dieses Monsters. Doch was hat es verloren? Ist das Endresultat wirklich so erstrebenswert gewesen um all diese Missstände welche durch den Bau auftraten zu akzeptieren? Schwer zu sagen für uns Außenstehende. Doch bietet Jia Zhangkes Still Life uns einen exzeptionellen Blick in diese fast schon apokalyptisch anmutende Umgebung kurz vor der Flutung. Grob gesehen geht es um zwei Menschen die beide, aus verschiedenen Schichten der Gesellschaft nach Fengjie reisen um nach Personen zu suchen die sie lange nicht mehr gesehen haben. Für den Mann aus ärmlichen Verhältnissen ist es die Ex-Frau und das gemeinsame Kind welche er seit 16 Jahren nicht mehr gesehenen hat und für die Frau (gespielt von Jias Muse, der schönen Zhao Tao) aus bürgerlichem Mittelstand ist es er Ehemann von dem sie seit zwei Jahren nichts mehr gehört hat.
Jia folgt den zwei Personen mit weichen tracking shots und kontemplativer Ruhe durch diese bald im Wasser untergehenden Umgebung und verbindet ihre zwei Wege nur durch ein Element welches in all dem Realismus anfänglich leicht verwirrend wirkt. Der Übergang zwischen der Geschichte des Mannes und der der Frau sowie der zurück wird durch das sichten eines Ufos erzeugt. Ein Element welches, wie schon gesagt, in Jias wirklich enorm realistisch gehaltenem Stil, welcher auch durch die Umgebung entsteht, wie ein Fremdkörper wirkt. Wieso also so eine übernatürliche Erscheinung? Wieso so etwas nicht Weltliches mag man sich jetzt fragen. Doch sieht man sich in der Welt des Films genauer um und schaut auf die Umgebung durch welche unsere beiden Personen laufen dann scheint sich da langsam eine Parallele anzubahnen. Denn aufgrund der großen Umsiedlung von ganzen Städten und der darauffolgenden Überflutung mussten auch die ganzen Gebäude zerstört werden. So stehen also Männer auf den Häusern und hauen mit ihren Hämmern Tag für Tag auf den Beton, und langsam wird aus einer einstigen Stadt mit Leben eine fast schon dystopisch anmutende zertrümmerte Welt in der es nun stets um Reduktion geht. Es ist ein sehr befremdlicher Anblick, eine sehr lebensfeindliche Umgebung durch welcher unsere zwei Protagonisten laufen mit samt ihren individuellen Problemen, wobei der Mann dann sogar beim demolieren hilft da es gutes Geld bringt. Deshalb dann auch das Ufo, oder das Gebäude welches in der Mitte des Filmes wie eine Rakete im Himmel verschwindet. Jia braucht einfach etwas um dieses gigantische topographische Verschwinden zu repräsentieren. Als er das erste mal diese Gegend besuchte mit all der Zerstörung, all der Asche, all dem Betonskeletten dachte er sich das so etwas doch nicht von Menschenhand gemacht werde könnte. Dieses Gefühl, diese Erfahrung, welche nicht nur er sondern auch jeder einzelne der davon betroffen war empfand, dies versucht er auch uns spürbar zu machen. Still Life verkörpert exakt das und zeigt uns das Opfer welches bei solch einem großen Projekt übersehen und für notwendig empfunden worden ist. Ein Landstrich der sich selbst zerstört, an Anblick so wortlos wie absurd.