Samstag, 20. Oktober 2012

Paper Airplane (Zhao Liang, 1997)

"When you quit, you must have felt like you'd left thet life behind."


OT - Zhi feiji
Regie & Kamera - Zhao Liang
Erscheinungsjahr - 1997
Laufzeit - 77 Minuten


Die Ethik des Dokumentarfilmes ist schon seit den Anfängen des Kinos eine immer wiederkehrende Frage. Die Frage nach dem Wann. Wann ist zu nah. Wann ist zu fern. Wann ist es zu subjektiv. Wann zu didaktisch. Wann ist Schluss. Und wann habe ich die Realität so sehr verzerrt das ich den Zuschauer sowie den gefilmten Menschen unrecht tue. Antworten auf diese Frage(n) gibt es viele. Von der unverfälschten Beobachtung des Direct Cinema bis hin zu den Populisten legt sich im Endeffekt jeder seine Prinzipien weitestgehend selbst fest. Meist ganz einfach als Teil der natürlichen Entwicklung welche sich von Film zu Film und von Erfahrung zu Erfahrung ausweitet. Zhao Liangs Paper Airplane ist dahingehend interessant da man hier diesen Prozess des Suchen nach der eigenen Sprache des Filmemachers gut erkennt. Was eigentlich ein Dokument sein sollte welches die zu dieser Zeit aufkeimenden Rock/Punk Kultur Chinas auffangen sollte, entwickelte sich für Zhao nach einer Weile zu einem Abstieg in den, aus genau diese Szene entstandenen, Drogensumpf. Er lernt Leute kennen, ist aktiv mit seiner Kamera, mit seinem "Subjekt" in Kontakt und redet direkt mit ihnen offen über den nächsten (oder doch letzten) Schuss oder die Gedanken an den nächsten Entzug. Man merkt schon gut das Zhao ein gutes Auge für Details hat welche allzu menschliches sehr gut einzufangen weiß. Was zu großen Teilen natürlich daran liegt das er Photographie gelernt hat. Doch neben diesem Willen nach der Interaktion spürt man dennoch oft den Rückzug ins Beobachtende, das Gefühl nach Rückzug der Kamera wenn sie in Momente eindringt welche mit ihrer Präsenz verfälscht werden würde. Man merkt einen Zwiespalt in der Umsetzung. Wenn die Mutter sowie zwei Freunde auf eine junge Frau einreden und sie zum Entzug überreden wollen, bei ihr aber nur auf taube Ohren stoßen, ist die Kamera in die letzten freien Ecke das Raumes geflohen und verharrt auch dort. Doch wenn einer der Drogensüchtigen mitten im Rausch ist passiert es auch mal das sie ganz aktiv in dessen Nähe herumschwirrt. Zhao scheint also nicht daran interessiert zu sein den destruktiven Lebensstil der Personen zu Verurteilen doch macht er trotzdem klar welche Folgen dieser hat. Die erste Person welche wir im Film sehen sagt, während er seine Nadel für den angeblich letzten Schuss säubert, das er aufhören will mit dem "scheiß". Er nimmt das bisschen was er noch hat, doch dann sei für ihn Schluss. Am Ende des Film (zwischen dem Versprechen vom Anfang liegen ca. 2-3 Jahre) liegt die gleiche Person in einem Krankenhausbett mit Nierenschaden nach einer Überdosis. Zhao mag in diesem seinem zweiten Dokumentarlangfilm zwar noch auf der Suche nach dem richtigen Weg, der richtigen Ausdrucksweise für seine Form sein, doch ist dieses Suchen schon eine eindrucksvolle Tour die gerade durch ihre ab und an auftauchenden Unsicherheiten im Umgang mit dem gefilmten (gerade bei solch einer Thematik) Wirkung und Menschlichkeit zeigt.

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