Donnerstag, 23. Februar 2012

Trouble Every Day (Claire Denis, 2001)

"I don't want to wait anymore. I want to die."


Regie - Claire Denis
Drehbuch - Claire Denis, Jean-Pol Fargeau
Kamera - Agnès Godard
Erscheinungsjahr - 2001
Laufzeit - 101 Minuten


Das einzige Problem welches man Claire Denis's Film Trouble Every Day, und jedem anderen ihrer Filme, anhängen könnte ist die limitierte Denkweise des Zuschauers welcher ihn sich ansieht. Ihr singulärer Stil etwas zu erzählen war schon von Anfang an eigen und wurde von Film zu Film eigener da er sich immer weiter entwickelte. Denis hat ihre eigene Sprache gefunden und sie ausgebaut. Sich einen Film von ihr anzusehen heißt also etwas zu sehen dessen Intentionen nicht wirklich die eines Standard Dramas sind, ein Film welcher nicht da drauf drücken will wo andere schon ihre Fingerabdrücke hinterlassen haben. Wie sie erzählt mag also für ungeübte Augen abstrus wirken, genauso wie thailändisch für einen Schwaben eine akustisch abstruse Angelegenheit sein wird. Deshalb erscheint es in Anbetracht dessen immer sehr ungeschickt ihre Filme, vor allem diesen hier, auf ein Genre oder auf ihr Thema zu reduzieren. Trouble every Day mag aufzeigen wie Menschen in der Unmöglichkeit der Kommunikation miteinander sich selbst regelrecht auffressen und so benutzt sie auch freilich die Kannibalen Thematik um einen gewissen sexuellen Hunger genau dadurch wiederzuspiegeln in den wortlosen Taten der Charaktere. Doch ist es in ihrer Sprache nicht von oberster Priorität zu erklären warum oder weshalb dies passiert. Trouble every Day will nicht, und das ist jetzt wichtig zu wissen, in die Köpfe der Charaktere und eine anschauliche, für Redneck Cineasten beruhigende weil schon präexistente, Subjektivität der Person erfinden. Dies scheint immer ein viel zu geschlossenes Verfahren zu sein welches Motivationen und Gefühle auf die im Film beherbergten Charaktere aufzwingt. Es geht hier in dem Film lustigerweise gerade darum das zu machen was man sonst als Kenner immer gerne verpönt. Die Oberfläche anzukratzen. Denis hat da dann zum Glück auch die sensible Sinnlichkeit, welche wahrscheinlich wirklich nur von einer Frau eingesetzt werden konnte, um diese Oberfläche mit ihren sehr körperlichen Bildern zu berühren aber nicht zu sehr zu diktieren. Sie vertraut (mehr als andere) auf den Zuschauer das er durch das was sie ihm zum sehen und hören bereitstellt - die Körper, die Oberflächen, die Bewegungen und Farben sowie die subtile Klangkulisse - selber das interne Schaffen der Figuren zeichnet, eine Aufforderung und offene Gestaltung welche so leider immer seltener wird im Kino. Und wie gesagt nicht ohne den Willen des Zuschauers funktioniert. Dies kann man nun positiv sowie negativ betrachten. Ich jedenfalls, aufpassen jetzt wird es persönlich, war verzaubert und hätte mich nur zu gerne von der wunderschön Béatrice Dalle beißen lassen.

21th Century Cinema in Images - Trouble Every Day























Montag, 20. Februar 2012

Woman of the Lake (Yoshishige Yoshida, 1966)

"Listen to me: for you it may just be a game, for us these negatives are very important!"

OT - Onna no mizuumi
Regie - Yoshishige Yoshida
Drehbuch - Yoshio Ishido, Yasuko Ono, Yoshishige Yoshida
Kamera -  Tatsuo Suzuki
Erscheinungsjahr - 1966
Laufzeit - 102 Minuten


Im wahrsten Sinne ein Film über Film. Über das Präsentieren. Das Abbilden. Das Einfangen eines Momentes. Real oder Konstruiert. Über das Bild welches ein weiteres Bild dann in uns entstehen lässt. Und über die Schwierigkeit, oder eben doch über die Unmöglichkeit, dieses Bild dann für sich in der externen Realität zu verwenden, es dort zu finden. Ist es doch aber nur ein schon längst verflogenes Fragment welches die Kamera aufgenommen hat, etwas das zu finden unmöglich erscheint. Ein Relikt. Woman of the Lake geht grob gesehen genau darum. Eine verheiratete Frau (die wie immer unglaublich schöne Mariko Okada) erlaubt ihren heimlichen geliebten nackt Fotos von ihr zu machen, doch auf ihrem Weg Nachhause wird ihr die Handtasche mit samt den Negativen zu besagten Fotos gestohlen. Diese zurück zu bekommen ist der Anker des Films welchen Yoshida nutzt um seinen Film und Film als solches zu untersuchen. Wie gesagt ist das hier also ein Film über einen Film. Doch stehen, wie vielleicht erwartet, nicht alleine diese Negativen der Fotos als metaphorisches Bindeglied zu der Thematik sondern auch die darauf abgebildete Person, Okadas Charakter, spielt eine wichtige Rolle. Mariko Okadas Figur wird in Woman of the Lake zu einem wahren Panoptikum der formschönen Darstellung eines Menschen. Yoshida zeigt sie nie einfach nur im Profil, von ihr wird nie einfach nur ein Clos-Up gemacht. In diverse Perspektiven, immer von mehreren Seiten photographiert, porträtiert er sie und will so ihre ungreifbare Mehrschichtigkeit widerspiegeln. Sowie ihre innere und sogar durch Körperhaltung und Kleidung repräsentierte äußere Abweichung von einer einfachen Kategorisierung, von welcher die Männer in ihrem Leben viel zu schnell Gebrauch machen. Sie ist immer die gleiche Person doch die Bilder welche der Dieb als Erpressungsmittel benutzt um ihr näher zu kommen geben ihm ein verfälschtes Bild von ihr genauso wie der Film kein richtiges Bild von ihr uns geben will, nur Perspektiven. Ganz meta wird es dann auch noch als der Dieb und Mariko Okadas Charakter zusammen am Strand über einen Filmdreh stolpern in welchem gerade eine Liebesszene gedreht wird, oder es wird jedenfalls versucht. Ganz Konkret wird gezeigt wie artifiziell dieser Prozess von außen betrachtet doch erscheint nur um in der darauf folgenden Szene unsere beiden Protagonisten dann miteinander Intim werden zu lassen. Yoshida ist immer daran interessiert gewesen das die Bilder welche er seinem Publikum vorsetzt nie unreflektiert aufgenommen werden sollten. Dies hat er mit Woman of The Lake mal wieder geschafft. Der Film ist ein unheimlich klarer Exkurs in die Unklarheit der Wahrnehmung, unserer Wahrnehmung, des Kinos (des Bildes) und der in ihr vereinnahmten Emotionen, Ideen und Perspektiven geworden. Und nebenbei bemerkt mal wieder auch ein unheimlich schön anzusehender Film dessen drastische Kompositionen seinen Antonioni Einfluss klar aufzeigen und das Vorbild dahingehend hier sogar wieder übertreffen.




Yoshida in Bildern - Woman of the Lake